Wir haben gestern lange geschlafen, uns Zeit gelassen, das Fahrzeug entsorgt, uns in prima gewärmten Duschen geputzt… Von Kopasker bis zum Nordpolarkreis: Es sind nur wenige Kilometer, die wir auf der gleich nördlich vor/hinter Kopasker beginnenden Piste zurücklegen – immer an der Küste entlang…
…zuerst besuchten wir einen Brutfelsen mit Basstölpeln; dort befindet sich unter dem Namen Nupskatla eine verlassen wirkende Farm (in der wohl mal ein bekannter Schriftsteller gelebt hat). Was den Charme der Ostfjorde ausmacht, erleben wir hier (wie in den kommenden Tagen): Sie sind touristisch eher unerschlossen, keine Busse fahren den langen Weg von Reykjavik hierhin, wo es kaum etwas zu sehen gibt als: Island pur. Island eher unverfälscht. Island-so-wie-es-jenseits-der-Besucherattraktionen-ist.
Island: Brutfelsen von Basstölpeln from Oliver Bechmann on Vimeo.
Dann steuerten wir zum nördlichsten Punkt Islands, nur drei Kilometer entfernt vom Nordpolarkreis – das feiern wir mit einem kleinen Picknick direkt am Meer, nahe des Leuchtturmes. Der Ort heißt Hraunhafnartangi. Nachdem wir den Südpolarkreis auf unserer Antarktis-Reise im März 2015 überquert hatten, was das ein Muss: Weiter gen Norden schaffen wir es nicht mit dem Unimog – Grönland, Spitzbergen, sogar die zu Island zählende Insel Grimsey bleiben dieses Mal unerreichbar. Aber 66,32 Grad Nord sollen es wenigstens sein!
Die Nacht verbringen wir nicht fern des Leuchtturmes (der dritte nach denen in Akureyri und Kopasker) inmitten von angeschwemmten Treibholz und Überresten von Fischer-Netzen… dort hinzugelangen, war des Unimog würdig (siehe erstes Bild oben).
Island: Ostforde – Halbinsel Langanes from Oliver Bechmann on Vimeo.
Von Hraunhafnartangi sind wir nach weiterem gemütlichen Ausschlafen und Kaffee trinken weiter gefahren und schwingen uns auf unseren Reise-Rhythmus ein: Bleiben alle paar Kilometer stehen, um was anzusehen – verfallene Häuser, Cliffs, Basstöpel und andere Seevögel… wir wollen zur Halbinsel Langanes, aber wir haben Zeit zum Verweilen.
In Raufahrhöfn besichtigen wir kurz eine neumodische Stonehenge-Nachbildung, die entweder teilweise verfallen oder noch nicht fertig ist. Es ist dunkel-neblig und regnerisch, und aus der Beschreibung der Anlage läßt sich nicht wirklich erfahren, ob sie noch nicht fertig oder schon wieder zerfallen ist.
In Pörshöfn gibt es einen uninteressanten Campingplatz, ein futureskes Schwimmbad und eine Vinbudin (also Wein und Schnaps-Verkaufsladen) zu bewundern. Das soll gar nicht ironisch klingen – wir genießen es nach all den großen Naturwundern den isländischen Alltag zu entdecken.
Dann geht es eine lange Schotterpiste raus auf die Halbinsel Langanes bis zum Leuchtturm Fontur, entlang der Cliffs und der Basstölpel-Kolonie auf dem Felsen Stori-Karl (siehe Bilder vorstehend) und schier unendlicher Mengen an Treibholz – dass das niemand verwendet oder wenigstens verheizt!
Wir nehmen ein paar Kleinteile mit und verfeuern sie später zuhause – sie brennen prima. Angeblich kommt all das Holz aus Russland, Kanada, auch Norwegen… In einem kleinen Museum, das (viel) früher als Pfarrgemeindehaus diente, ist kein Kamin zu entdecken.
Es windet, es regnet, es ist neblig – selten so entfernt von allem und jedem gefühlt. Hier hört Island im Nordwesten auf und es fühlt sich an, als sei man am Ende der Welt. Mehr als am Cap Finisterre etwa… Nur ein paar Schafe da. Wenn die Erde eine Scheibe wäre, könnte am Cliff nach dem Leuchtturm (dem vierten in der Reihe der vergangenen vier Tage) Schluss sein.