Archiv für den Monat: Juli 2016

Sonnenanbeter und Spießbürger

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Man sieht sich irgendwann bestimm irgendwo einmal, hat Gandolf bei seiner Abfahrt  gesagt, und dafür, dass es eine kurze Begegnung war, war es eine sehr rührende Verabschiedung am Dienstag.

Mittwoch morgen frühstückte eine Nilgänse-Familie Schräg gegenüber, und der See blieb tatsächlich bis in den späten  Vormittag still und von weiteren Besuchern verschont. Ein paar Besucher waren nett, besonders eine hübsche, junge Dame, die sich als Australien- und Neuseeland-Reisende entpuppte und die sich für das Innenleben des Unimog interessierte ebenso wie eine muntere Jonglier-Truppe aus zwei agilen älteren Damen und drei jungen Leute, die mit Diabolos, Hula-Reifen und Frisbees in der Sonne spielten.

Besuch bei Schlittenhunden

Später ein paar Rocker, die ihre Harleys im Schatten des Unimog parken wollten – und ganz freundlich abzogen, als ich erklärte, gleich ausparken zu müssen… Am See kommt offensichtlich eine sehr bunte, gut gelaunte und lockere Gemeinde aus ganz verschiedenen Typen zusammen.

Ich bin noch eine Runde schwimmen gegangen, bevor ich begann, zusammen zu packen. Dann habe ich mich auf den Weg nach Neuhof-Hauswurz gemacht, wo Peter Tesch mit Frau Petra und 38 Schlittenhunden zusammen lebt. Die wollte ich unbedingt mal wieder sehen und streicheln – und wer mal eine tolle Tour mit diesen lauffreudigen Viechern machen will, ob in der Rhön oder in  Schweden, der soll sich mal www.husky-tours.net ansehen! Der Peter ist ein absoluter Profi auf seinem Gebiet.

Grünimog in Spießbürgers Schrebergarten

Donnerstag bin ich mit Beate dann nach Köln gefahren – sie absolviert dort eine Fortbildung in schamanistischen Techniken (obwohl sie ja eigentlich der chinesischen Medizin verhaftet ist; aber schadet ja nichts, mal über den Tellerrand hinauszusehen) und so haben wir den Abend mit einer schönen Feuerzeremonie am Rhein-Ufer verbracht: Gesungen, gerasselt und einen Ritus vollzogen.

Krasser Gegensatz zu all dem ist der Campingplatz, auf dem wir notgedrungen Quartier bezogen haben, weil der Unimog mal wieder ordentlich Strom laden muss. Spießbürgers Schrebergarten – nein, der Grünimog steht als absoluter Exot inmitten all dieser sauberen, eingehen Biederkeit da rum. Wird mir ein Rätsel bleiben, warum es die Leute in die Natur zieht, aber nur unter Wahrung des heimischen Wohn-Standards und des Satelliten-TV. 

Trailrunner und Hippies

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Mit der Sonne ins Bett gehen und mit ihr aufstehen, ist ein schöner Anspruch – und bei dem bleibt es auch meist; selbst wenn fürs Meditieren die Zeit zwischen und fünf Uhr quasi als Goldenen Stunde gilt. So auch am Montag: Pott Kaffee im Bett beim Lesen war mir lieber.

Wenn der Geist eine Weile gearbeitet hat, verlangt der Körper nach Betätigung und so bin ich anschließend zum Trailrun aufgebrochen – den Wanderweg von vorgestern gegen den Uhrzeigersinn, also mehr als drei Kilometer steiler Anstieg ohne die Möglichkeit sich einzulaufen… samt Rucksack mit Not-Essen & Trinken, Not-Erste Hilfe-Set, Fleece-Pulli, Regenschutz und dem universellsten und wichtigsten aller Hilfsmittel: das gute alte Palästinenser-Tuch, heute “Shemag” genannt: Schal, Kopfbedeckung, Decke, Handtuch, Mücken- und Zeckenschutz.

Trailrun zur Wasserkuppe

Auf der Wasserkuppe kurze Rast, dann abwärts zurück – und das Runterllaufen ist nicht per se leichter als das Hochlaufen. Die antagonistische Muskulatur ist überrascht, Knie und Knöchel ächzen, und während es hoch auf einem breiten Schotterweg ging, laufe ich runter auf einem steinigen, teilweise glitschigen Trampelpfad.

Am Guckaisee wieder angekommen der Höhepunkt: Schwimmen im 16 Grad kalten Wasser! Direkt mit den Lauf-, sprich: Funktionsklamotten hinein, ein paar Brustzüge, dann eine Weile Kraul, – wenn man drin ist, ist’s gar nicht so kalt – dann auf dem hölzernen Badesteg in nassen Klamotten alleine in der Sonne liegen. Alles gut.

Die digitale Technik hat ihren Preis

Auf dem Weg in die nicht allzu weit gelegene Rhön-Kommune Bischofsheim führt mich mein Lkw- und Womo-Navi, dem ich sicherheitshalber noch mal die Außenmaße meines Fahrzeuges eingegeben habe (600x230x360) zielsicher auf eine schmale Überlandstraße, die einer Baustelle endet. Und danach in die Bischofsheimer Altstadt, die zwar keinen Torbogen aufweist, wohl aber stehen die Häuser teilweise so eng, dass ich fürchte, der übers Fahrgestell herausstehende Wohnkoffer könnte die Schindeln von den Mauern kratzen…

Auch wird die Stellplatz-Suche nicht immer vom schönsten aller erreichbaren Orte geprägt – sondern auch von pragmatischen Überlegungen (Nähe zum Waschsalon) oder auch: Auf den schönen Wald-Parkplatz muss man verzichten, weil die Bäume die Solar-Panels verdecken und daher muss eine Freifläche gesucht werden, wo die Sonne voll auf das Dach des Unimog herabbrennen kann. Die digitale Technik fordert Strom!

Stille: unbezahlbar

Daher steht der Unimog nunmehr mutterseelenallein auf weiter Flur vor dem Gasthof Roth am Kreuzberg und ich genieße Sonne pur und die Aussicht. Mal sehen, ob ich einen Sonnenbrand bekomme und um wieviel Prozent die Batterien in wieviel Stunden nachgeladen sind. Der Stellplatz ist sein Geld – sechs Euro pro 24 Stunden, kein Strom, kein Wifi, keine Ent- und Versorgung – wert. Die sechs Euro werden verrechnet, wenn man im Gasthof zu Abend isst oder frühstückt.

Der Besitzer des Gasthofes (…. www.berggasthof-roth.de … ) joggt mit 5kg-Rucksack vorbei und zum Kreuzberg hoch – siehe da, ein Gleichgesinnter. Er erzählt, dass es den großen Stellplatz mit schönem Ausblick erst seit Anfang des Jahres gibt. Wir sehen einen tollen Sonnenuntergang – ohne Wind, was selten ist, wie der Besitzer betont. Kein Flirren in der Luft. Nachdem der letzte Klosterbesucher herabgefahren ist, herrscht Ruhe: “Diese Stille”, sagt er, “ist mit keinem Geld der Welt zu bezahlen”.

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Ich kehre am Dienstag Mittag zum Pfordter See zurück, mir ist nach Berg nach Wasser zumute. Dort herrscht mittlerweile – die Ferien haben begonnen – reger Bade- und Besucherbetrieb. Allerdings kein Vergleich zum Langener Waldsee etwa… Gandolf – dem Äußeren nach, was die meisten Durchschnittsbürger als “Hippie” bezeichnen würden, parkt mit seinem VW Bus immer noch an der Stelle, an der er schon vergangenen Freitag stand. Ich manövriere den Grünimog wieder neben ihn.

Zurück aus Istrien, meint er, diene ihm der Pfordter See als Eingewöhnung auf die Verhältnisse zurück in der deutschen Zivilisation. Er brauche eigentlich Weite um sich und über sich… und klappere ein paar deutsche Festivals (etwa www.tropen-tango.de) ab, bevor er sich im Herbst auf den Weg nach Portugal mache, um den Winter auf den Kanaren zu verbringen.

Was Freiheit und was Büroarbeit aus einem macht

Gandolf ist groß gewachsen, muskulös, braungebrannt, lange Haare und sorgfältig geschnittener Bart, bewegt sich drahtig und mit guter Körperspannung, aber sehr ruhig und sehr zentriert, in sich ruhend. Die Mehrzahl der Badegäste am See – keine “Hippies”, sondern “Normalos”, sind weiß, fett, unbeweglich, träge, schlaff…

Er kommt mit sehr wenig aus und ist mit wenig zufrieden. Was er braucht, ist Weite und Wärme. Kein Geld, keine Besitztümer. Keine digitaler Schnickschnack, keine Kompensation durch die letzten Gimmicks und Moden. Selbst der VW LT ist ihm beinahe zu viel, meint er.

Ich kraule 500 Meter im See. Wenn ich ein role model hier am See suchen würde, wäre es der “Hippie”.

Rund um die Rhön / rundum, die Rhön

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Als eine Gruppe von Volleyball-Jugendlichen per Fahrrad ans Ufer des bis dahin still ruhenden Sees bei Pfordt stürmte und ein Netz neben dem Unimog aufbaute, war klar: Aufbruch!

Ein paar Kilometer nur, dann war Point Alpha erreicht und ich besichtigte nicht allzu ausführlich die Gedenkstätte. Das möchte ich lieber mit Beate, deren Familie noch vor dem Mauer-Bau wegen ihrer freikirchlichen Orientierung aus der DDR flüchtete, zusammen tun.

Wahnsinns-Logik im Kalten Krieg

Ich erinnere mich im Zusammenhang mit Zivildienst und Friedensbewegung Anfang der 80er Jahre, dass Point Alpha am “Fulda Gap” lag – dort, so wurde von den damaligen NATO-Militärplanern angenommen, würde der Warschauer Pakt mit einer massiven Panzer-Überlegenheit durchzustoßen versuchen: Daher war der Einsatz von Atomminen (oder –bomben?) vorgesehen, und das unter “Stay Put”-Regel für die Bevölkerung vor Ort. Hieß: Die hatte dort zu bleiben, also wären Land und Leute durch die eigene Verteidigung vernichtet worden.

Eine Wahnsinns-Logik. Aber es entbehrt selbstverständlich nicht der Ironie, dass ich im Jahre 2016 an Point Alpha als früherer Zivildienstleistender mit einem 30 Jahre alten ehemaligen Bundeswehr-Unimog aufkreuze… Gott, der Kosmos, das Universum, der Große Geist, wer auch immer, hält manchmal seltsame Wege für uns parat.

Weiter ging’s zur Wasserkuppe, zum Eldorado von Segelfliegern und Paraglidern. Herrje, war da ein Rummel, dem Feldberg im Schwarzwald nicht unähnlich. Mich hat’s da am Samstag nicht allzu lange gehalten, obwohl ich eigentlich Flieger-Fan bin (und einmal eine Schnupperstunde in einer kleinen Einmotorigen geflogen bin und einen Kunstflug absolviert habe).

Auf dem Weg zur Wasserkuppe hinderte mich in Tann (Rhön) ein drei Meter hoher Torbogen in Ortsmitte an der Durchfahrt (der Unimog ist 3,60 Meter) und selbst die beste Einweiserin der Welt hätte daran nichts ändern können, wenn sie dabei gewesen wäre. Dummerweise hatte das Navi nichts dazu gemeldet, obwohl es für teure 60 Euro um Lkw- und Wohnmobil-Navigation aufgerüstet ist. Damn it, Navigon (Garmin)!

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Ich musste weitläufig drum herum über die Hohe Rhön fahren und entschied mich schließlich für einen Womo-Stellplatz bei Gersfeld; auch ein Fehler: Teuer, dafür kein WLAN, Strom sollte extra kosten, direkt an einer frequentierten Straße gelegen. Dafür habe ich den Wassertank, der komplett leer war, bei Abfahrt bis obenhin gefüllt (200 Liter).

Ein paar Kilometer entfernt, habe ich mir am Sonntag den Guckai-See als nächstes Etappenziel ausgesucht, und da an einem abgezweigten Parkplatz abseits einen schönen Stellplatz im Wald gefunden. Stehe also frei, mal sehen, ob sich jemand beschwert.

Einer Meditationssitzung am See ließ ich eine Wanderung zur Wasserkuppe folgen – eine gute Entscheidung, denn jetzt konnte ich das Treiben in den Lüften aus der anderen Perspektive sehen.

Und den Unimog-Fahrer freut’s natürlich, wenn er einen alten Hanomag sieht – auch wenn der nur noch als Basisfahrzeug für den Seilwinden-Motor für Segelflugzeuge dient.

Zwischenzeitlich waren ziemlich düstere Wolken am Himmel, und das Rhönflieger-Denkmal aus dem Jahre 1926 weiß in dieser Stimmung seine derben ästhetischen Qualitäten voll auszuspielen… Zwinkerndes Smiley

Geduld fürs Gleiten

Schön, dass Segelfliegen ein so friedlicher Sport ist, und Paragliden so schön bunt. Wobei Gleitschirmfliegen doch viel mit Geduld zu tun hat – das Gerät verheddert sich doch viel, der Wind macht vor und beim Start, was er will, und lange Zeit stehen die Leute mit den Strippen in der Hand da und warten, bis es endlich passt.

Und ein Tandem-Flug ist für mich in etwa so attraktiv wie ein Skisprung von der Obersdorfer Olympia-Schanze… Einen Tandem-Fallschirmsprung habe ich hinter mir, aber einem Paraglider würde ich mich nicht vor den Bauch schnallen lassen. Neulich erzählte mir ein passionierter Drachenflieger erst, dass sein Hobby total sicher wäre – nicht so wie das Gleitschirmfliegen… Zwinkerndes Smiley

Test-Tour gen Thüringen

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Vor der Abreise nach Island ist noch eine Test-Tour mit dem Grünimog angesagt. Dieser steht ja immer abfahrbereit in einer ehemaligen Landmaschinenhalle – sogar ein paar Not- und Reserveklamotten für schlechtes Wetter sind an Bord (bei gutem Wetter muss man sich ja nur immer mehr ausziehen).

Ich will gar nicht weit wegfahren, und habe auch kein konkretes Ziel. Es geht nur darum, unterwegs zu sein und nichts anderes zu tun als unterwegs zu sein. Und dabei Fahrzeug und Ausrüstung noch mal zu prüfen. Grobe Richtung: Die Rhön, der Übergang von Hessen nach Thüringen, vielleicht dann weiter nach Osten… oder mehr gen Norden, zum Harz. Wasserkuppe und Brocken – das wären doch Ziele?! Es muss ja nicht immer Marokko oder Jordanien sein…

Straßen, die es (nicht) gibt

Ein älteres iPad dient mir samt Navigon-Software als Navi, im Unimog-Fahrhaus ist dafür genügend Platz. Deja vu! Wie schon einmal vor vielen, vielen Jahren in Spanien will mich das Navi nach Verlassen der Autobahn über eine Straße führen, die es nicht mehr oder noch nicht wieder gibt… (siehe Bild; einfach durchzufahren wäre für den Unimog nun allerdings kein Problem gewesen – aber ich halte mich ja an die StVO).

Dabei wollte ich doch nur auf einem Autohof etwas zu essen besorgen; nachdem ich an dreien vorbei gefahren war, entschied ich mich ausgerechnet für einen, dessen An- und Abfahrt von einer Baustelle zerhäckselt war, was eine Umleitung durch einen kleinen, beschaulichen Wohnort (Dieteshan) bei Fulda zur Folge hatte – und sehr erstaunte Anwohner ob des durch ihren Eigenheim-Straßen donnernden Grünimogs.

Einen Stellplatz hatte ich mir in der Nähe von Pfordt bei Schlitz, genauer zwischen Pfordt und Fraurombach, auserkoren – und der erwies sich als Volltreffer (Danke an meinwomo.com!): An einem beschaulichen See, nahezu allein, ein schöner Sonnenuntergang genau gegenüber. Und auf der Gegenseite der Mond…

Zwischen Ost und West

Bin schon viele Male auf dem Weg von/nach Berlin dran vorbeigefahren, diesmal ist es ganz in der Nähe: Morgen geht zu Gedenkstätte Point Alpha… da, wo sich zu Zeiten des Kalten Krieges Ost und West feindlichst einander gegenüberstanden. In der Wikipedia steht dazu:

Point Alpha (engl. Observation Post (OP) Alpha) war neben OP Romeo, OP India und OP Oscar[1] einer von vier US-Beobachtungsstützpunkten an der hessischen innerdeutschen Grenze. Heute ist „Point Alpha“ der Name einer Mahn-, Gedenk- und Begegnungsstätte an der Straße zwischen Geisa (Thüringen) und Rasdorf (Hessen).

Als in den 80er Jahren Zivildienst Leistender ist mir der Ort natürlich ein Begriff. Aber ich war noch nie da.