Vor knapp 40 Jahren zog ein junger Vater mit seinen drei Söhnen im Kindesalter und einem 16-jährigen Jungen, Sohn eines befreundeten Nachbarn, los: Den VW 1600 Variant bis unter die Oberkante zusätzlich gepackt mit Zelt, Schlafsäcken, Luftmatratzen, Kocher, Gepäck, Lebensmitteln.
Ich war der Halbwüchsige, und zelten auf urwüchsigen Campingplätzen war die große Freiheit und das große Abenteuer. Heutzutage sind Campingplätze ADAC-prämiiert, verfügen über Hotel-Standard und sind dicht gedrängt mit hochpreisigen weißen Wohnmobilen befüllt – die TV-Satellitenschüssel darf nicht fehlen.
Infrastruktur des Campingplatzes
Das freie Stehen bzw. wilde Campen, steht nunmehr für Abenteuer und Freiheit. Am besten an schwer zugänglichen Plätzen, die die Weißwomo-Invasion nicht zu erreichen vermag. Und dennoch ist auf den Campingplatz nicht zu verzichten.
Dass der Preis für die Übernachtung auf dem Campingplatz (oder alternativ auf einem Stellplatz) entrichtet wird, hat vor allem mit dessen Ver- und Entsorgungseinrichtungen zu tun: Frischwasservorräte auffüllen. Grauwasser ablassen. Bordtoilette entleeren. Den Wohnraum mal gründlich von Sand, Staub und Schmutz reinigen. Wäsche richtig waschen. Ausgiebig duschen.
Campingplatz als Ausgangsbasis
All das geht unterwegs irgendwo irgendwie auch. Aber ein Campingplatzstopp – bei sechs Wochen on tour haben wir zweimal für je eine Übernachtung auf einem Campingplatz gestanden – lässt all das in einem Rutsch erledigen. Ab und zu muss das sein.
Nachdem wir in Ioannina schon eine Nacht am See wild gecampt haben, zieht es uns aus einem weiteren Grund nunmehr auf den Campingplatz dieser Stadt mit einer 112.000 Einwohnern und einer Universität: Der Grünimog hat ein Brems- oder Kupplungsproblem – und das Campingplatzpersonal kann bestimmt etwas über Mercedes-Mechaniker bzw. Lkw-Werkstätten in der Umgebung sagen.
Brandgeruch deutet auf Kupplung hin
Ältere Mercedes-Lkw, Firmen mit entsprechenden Fahrzeugen auf dem Hof und Unimogs bei der Feuerwehr waren im Industriegebiet von Ioannina zuhauf zu sehen. Irgendjemand muss ja für deren Pflege und Wartung sorgen, gegebenfalls reparieren. Der Campingplatz ist also auch eine gute Operationsbasis für weitere Forschungen. Zumal jeder in der Umgebung dessen Lage wiederum kennt.
Zwei Telefonate mit einem guten Freund, der Kfz-Meister ist, und der Heimatwerkstatt des Grünimogs bringen allerdings schon genügend Klärung in der Sache – höchstwahrscheinlich habe ich die Kupplung beim Rangieren und Manövrieren in den albanischen und nordgriechischen Bergstraßen und –dörfern auf engstem und häufig auch steilem Raum überstrapaziert. Sonst alles ok, das wäre es mit diesem Thema an dieser Stelle.
Soziales Leben und Genießen in der Stadt
Frei und wild in der Natur zu stehen ist erklärtermaßen das Ziel, aber Campingplatztage können gerne Stadt-Tage sein. Ioannina liegt an einem großen See, das Wetter ist gut, am Wochenende steppt am Ufer mit seinen zahllosen Bars und Restaurants der Bär: 20.000 Studenten wollen sich amüsieren, dazwischen viele Familien und ein paar verirrte Touristen, die zu spät zur ottomanischen Festung (samt Moschee) des Ali Pascha gelangen.
In der engwinkeligen Altstadt haben die Osmanen ebenso ihre Spuren und orientalisches Flair in kleinen und kleinsten Läden hinterlassen: Schön, da seinen Kaffee zu trinken, bevor es gilt, die wohl beiden letzten Sonnen-Tage in der anstehenden Woche am Strand zu verbringen.
Also flugs den Campingplatz verlassen und in etwa anderthalb Stunden sind wir am Strand bei Sagiada (siehe Stellplatzprotokoll Sagiada) – am Ende einer langen Landzunge, einem schmalen geschotterten Damm, der links und rechts von Wasser umgeben ist und im Meer gegenüber von Korfu endet. Segelboote tanzen auf den Wellen, lautstark brummende Fähren ziehen im Stundentakt vorüber.
Morgens und abends zieht eine kleine Kuhherde an und uns ohne Hirten vorbei, marschiert und schwimmt durchs Binnenwasser, verschwindet in den Sträuchern und kehrt später zurück. Bis auf die Kühe niemand weit und breit; am Tag der Arbeit nutzt eine albanische Familie mit zwei Kindern die Gelegenheit, ihrem Arbeits-Alltag in Ioannina zu entfliehen und grillt.
Und bietet uns Vegetariern Fleisch und Bier an. Das Bier nehmen wir und erfahren bei dieser Gelegenheit, dass der Bruder des Familienvaters in Hamburg arbeitet. Ansonsten liegt die hochschwangere Ehefrau im Schatten, der Mann angelt und telefoniert weitab, die Kindern spielen unentwegt im Wasser. Ein gelungener Familien-Feiertag, so scheint’s.
Wir dösen im Sand und entfliehen dem Grill-Geruch mit einem Barfuß-Strandlauf, und setzen uns später abends ans Lagerfeuer. Das bitzelnde Gefühl der rotverbrannten Haut will mit Ouzo betäubt sein. Dem Kater am nächsten Morgen wird mit dem Aufbau des Kayaks begegnet – einer der Luftschläuche scheint defekt zu sein, wir suchen das Loch.
Auch dieses zu flicken, wäre auf einem Campingplatz leichter gewesen – denn da gibt es manchmal entsprechendes Zubehör. Manchmal muss es eben ein Campingplatz sein.