Ankommen / Abfahren – Freude / Wehmut

Die Altstadt Salamancas bleibt unbesucht. Es ist so was von neblig, dass ich zwar nahe ans Stadtzentrum fahre, einen guten Standplatz auf dem Parkplatz einer Schule finde – aber dennoch eine Kehrtwende einlege: Die schöne Altstadt verdient Bewunderung bei Wärme und guter Laune, nicht im neblig-Trüben, Klammen, Kalten.

Schade: Salamanca beherbergt eine altehrwürdige Universität, und als ich vor Jahrzehnten als 16-Jähriger dort vorbeikam, dünkte sie mich als ein traditioneller Ort der Ratio und des Diskurses, und sie gab mir den Glauben an Vernunft und Verstand mit auf den Weg. Ich wäre gerne entlang der Bogengänge gewandelt…

Schöne Stellplätze in Sabugal und Benquerenca

Es geht im – Überraschung – Nebel gen Portugal, dann auf die Landstraße nach Sabugal. Weitere Überraschung: Diese Gegend Portugals gleicht nahezu völlig dem mir vertrauten spanischen Galicien – Granitblöcke, Granitsteine, Mäuerchen aus Granit, sogar die Weinreben ranken sich an Granitstelen, verlassene Häuser, verlassene Dörfer.

Der Stausee bei Sabugal könnte ein schöner Stellplatz sein, aber ihm bleibt nur eine Rast vorbehalten. Immerhin widme ich seinem Ufer eine Gehmeditation. Besser kann man einen Ort nicht in sich aufnehmen. Danach fahre ich nach Benquerenca, auch dort ein attraktiver Womo-Stellplatz, der zur Übernachtung einlädt. Ich zögere. Würde gerne hier bleiben, doch wenn ich weiterfahre, könnte ich es schaffen, vor dem Einbrechen der Dunkelheit in Barril de Alva zu sein – und von dort aus würde es bis zur Atlantikküste nicht mehr fern sein… 


Es folgt ein stundenlanges wildes Gekurbel über rund 80 Kilometer krickelige portugiesische Berg-Landstraße, von Umleitungen verwirrte Navis, widersprüchliche Angaben darob, Einfahrt in Lkw-ungeeignete Engpässe, an schmalen Passagen entgegen kommende oder gar wendende Busse, einmal eine unseren Erfahrungen im marokkanischen Atlas ähnliche nicht asphaltierte Bergpiste. Im Dunkeln sehe ich mich häufiger genötigt, die vorderen und seitlichen Arbeitsscheinwerfer auf LED-Basis einzuschalten – gut, dass wir sie für solche Fälle haben montieren lassen.

Man muss wissen: Die Navigon-App auf meinem ältlichen iPad weiß, dass sie ein Wohnmobil mit den Außenmaßen 600x230x360 Zentimeter navigiert (zumindest ist das in den Einstellungen festgelegt), ist aber bei der Straßenführung recht unzuverlässig. Der Datenkrake von Google auf meinem CATPhone indes verfügt über sehr gute Straßenkenntnisse und eine sehr präzise Sprachführung, geht aber von einem Pkw aus (weiß aber zu jedem Zeitpunkt, wo ich bin, wo ich war, und vermutlich auch, wo ich sein werde).

Barril de Alva lädt zum Verweilen ein

Ich nutze beide parallel und muss im Zweifelsfalle intuitiv entscheiden, welcher Empfehlung ich den Vorrang gebe. Navigieren-bei-Gucken ist auch hilfreich. Wenn Busse, Lkw, wenigstens Mercedes- oder Ducato-Sprinter einem entgegen kommen oder geparkt sind – dann sollte der Unimog da auch durchpassen. Schließlich glückliche Ankunft, wenn auch entnervt, in Barril de Alva. Es ist stockfinster.

Am nächsten Morgen wird sich der Ort mit Fluss und Brücke (siehe vorstehendes Bild)  beim Sonnenaufgang idyllisch präsentieren. Anlass für eine Sinnesmeditation, wie ich sie beim Coyote Teaching vom Wurzeltrapp gelernt habe. Schmerzhaft, dass Reisen nicht nur ankommen bedeutet. Sondern auch abfahren (müssen).