Barfußlaufen in der Natur: Füße sind Gehfühler

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Was macht’n du mit dem Gummischuh? Pinguin zupft an dickem Antarktis-Stiefel.

Gute Bekannte sind echte Barfußläufer. Das heißt, sie laufen immer und überall barfuß, auch im Winter. In der Wüste. In der Kirche. Manchmal ziehen sie rudimentäres Schuhwerk an, aber das ist selten.

Sie haben dafür ihre eigenen Gründe. Innerhalb der mittlerweile entstandenen Bewegung des Barfußlaufens gibt es viele verschiedene Varianten. Allen ist gemeinsam, dass ihre Adepten überzeugt sind, dass das Laufen in Schuhen weniger den Füßen gut tut, als vielmehr dem Einkommen der Mode- und Sport-Schuhfabrikanten.

Sensoren in den Sohlen

Es scheint genügend medizinische/physiologische Evidenz zu geben, dass es eine Vielzahl von Sensoren in den Fußsohlen gibt, die letztlich den gesamten Körper, sein Gleichgewicht, seine Beweglichkeit, seine Gesundheit mit beeinflussen. Und damit beziehe ich mich nicht nur auf die Darlegungen der Fußreflexzonen-Massage.

Ich glaube, zum ersten überraschenden Kontakt mit Barfußgang bin ich im Zuge der Ausbildung zum Kettlebelltrainer gekommen – wiewohl es keine begeisternde Aussicht ist, dass einem eine 20-kg-Eisenkugel auf die nackten Zehen plumpsen könnte, bestand der Ausbilder darauf, dass wir die Kettlebell barfuß bewegen – viel besser sei das für das Körper- und Bewegungsgefühl.

Großer Zeh – vom Greifen zum aufrechten Gang

Die Füße ununterbrochen in enges Schuhwerk zu pressen, scheint dem Körper nicht gut zu tun. Vor allem die großen Zehen sollten sich frei bewegen können – Als wir als Affen auf den Bäumen lebten, diente der große Zeh dem Greifen. Beim später erfolgenden aufrechten Gang ist er einer der wichtigsten Stabilisationsfaktoren.

Weswegen viele Schuhe, die die Zehen aneinander quetschen, womöglich schick, gleichwohl aber ungesund sind. Und je dicker und gepolsterter die Sohle, was vermeintlich Verletzungen vorbeugen und Schmerzen vermeiden soll, umso schlechter. Der Fuß, das Fußgelenk, die gesamte darauf aufbauende Bein- und Körperstruktur, werden in ihrer Funktionalität beeinträchtigt (siehe: NBT-Podcast Transcript: Run for Your Life: An Ancestral Health Approach to Running).

Trägt man ununterbrochen Hand-Schuhe?

Radikale Vertreter des Barfußlaufen halten schon minimalistische Schuhe, sogenannte Barfußschuhe, von denen es mittlerweile viele verschiedene Varianten von vielen verschiedenen Herstellern gibt, für ein Übel. Sie propagieren: unten ganz ohne!

Und die Verletzungsgefahr?

Mancher Barfußlauf-Prophet zuckt mit den Achseln angesichts derartiger Einwände: Man nehme es schließlich auch hin, dass man seine Hände, die man ohne zu zögern ohne Handschuhe nutze, gelegentlich mal an einem Papierrand oder bei Küchen- und anderen Arbeiten leicht verletze. Deswegen trage niemand ununterbrochen Handschuhe, sondern nur bei entsprechenden Tätigkeiten… wenn es zu kalt, zu heiß, zu gefährlich ist: Aber sogar für heißen Wüstensand, in dem auch giftige Skorpione und Schlangen unterwegs sind, gibt es Barfußstiefel aus zähem Kamelleder (Beispiel: Vivobarefoot, es gibt auch vegane Versionen).

Fuß-Schuhe nur, wenn nötig

Apropos Hand-Schuhe: Darum auch keine Fuß-Schuhe! Würde man mit einem noch so dünnen Handschuh das gleiche Tast- und Bewegungsgefühl haben wie ohne Handschuhe? Übermitteln behandschuhte Finger dem Gehirn die gleichen Informationen?

In einem Wald mit vielen Dornen und Ranken, Gestrüpp und Sträuchern ist das Barfußlaufen sicherlich problematisch. Da sind dann doch minimalistische Schuhe angebracht – und von denen gibt es Modelle, die einem verstärkten Strumpf (Beispiel: Skinners) ähneln bis hin zu welchen mit einer undurchdringlichen Sohle, mit denen man ohne Schwierigkeiten über scharfkantige und spitze Steine laufen kann (Beispiel: Vibram Fivefingers).

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Tafel an einem Barfußpfad bei der Jugendherberge Hoherodskopf.

Bei nativen Völkern es gibt es nicht wenige, die mehr oder weniger ohne Fuß-Schuhe in der Wildnis unterwegs sind. Und die so sehr lange Strecken in unwirtlichen Terrain überwinden.

Da gibt es immer wieder Geschichten, von indianischen oder anderen nativen Langstreckenläufern, die während eines Trail-Wettbewerbes das moderne westliche Schuhwerk von den Füßen gestreift haben, und lieber in ihren Sandalen aus Fahrradschläuchen oder eben barfuß gelaufen sind (siehe: Christopher McDougall – Born to run*). Auch unter westlichen Trailrunnern gibt es nicht wenige, die 80- oder 100- oder 15- km Läufe barfuß absolvieren (siehe: Jason Robillard – Never wipe your ass with a squirrel*).

Fernöstliche Kampfkunst – barfuß!

Wenn wir Krav Maga trainieren, so tun wir dies meistens in Ringerstiefeln, die eine ganz flache Sohle haben, Platz den Zehen lassen, den Knöchel festigen und einen guten Grip auf dem Boden ermöglichen. So kommt die Fußsohle bzw. der Fuß als Ausgangspunkt von jeder weiteren schnell-kräftigen und flexiblen Bewegung besser zum Einsatz.

In traditionellen fernöstlichen Kampfkünsten und Kampfsportarten ist man seit jeher barfuß auf der Matte unterwegs, die Ringerstiefel im modernen Krav Maga bieten einen guten Kompromiss zwischen Stärkung des Fußes und etwaiger Verletzungs- (sowie Fußpilz-) Gefahr. Da ich seit mehr als 40 Jahren Kampfkunst, Kampfsport, Selbstverteidigung ausübe, nimmt es also kein Wunder, dass ich eine große Begeisterung für das Barfußgehen entwickelt habe.

Barfuß Blumen aus dem Boden wachsen lassen

Aber nicht nur die harten fernöstlichen Systeme pflegen die Barfußkultur. Tai Chi? Qi Gong? Gehmeditation (jap. Kinhin) – immer in Schläppchen oder barfuß! Wenn der bekannte buddhistische Mönch Thich Nhat Hanh mit seinem Meditationskloster im südfranzösischen Plum Village davon spricht, man solle bei der Gehmeditation das Gefühl hervorrufen, als würden die Füße den Boden pflegen, streicheln, ja liebkosen, so dass bei jedem Schritt Blumen aus ihm wüchsen – wie ginge dies besser als barfuß? Wie ginge es anders, in der Präsenz des Moments den Boden zu spüren, das Gras, den Gehweg, Mutter Erde schlechthin?

Bei meinen persönlichen Wildnisläufen ziehe ich es vor, in minimalistischen Schuhen wie den Fivefingers Trail unterwegs zu sein. Auch wenn es über längere Distanzen geht. Mit der Natur eins zu sein, sich in der Wildnis wohlzufühlen, das hat natürlich viel mit Wandern und Laufen und das in eben Barfußschuhen zu tun, weiß der Wildnispädagoge.

Stressfrei laufen: Kein Zwang zum Schuh, kein Zwang zur Zeit

Das geht einher damit, dass ich Laufen auf Asphalt nach meiner Ironman-Triathlon-Zeit mittlerweile furchtbar monoton und langweilig finde. Wie viel abwechslungsreicher ist es, einfach querfeldein zu laufen (auch wenn das jetzt neudeutsch Trailrun heißt). Über die Felder, durch die Wälder, Steigung rauf, Steigung runter, durch Matsch und Schlamm. Selbst die Felder rund um meinen Wohnort bieten mehr Abwechslung als ein typischer Asphaltlauf auf einem Gehweg.

Ebenso versuche ich, mich nicht nur von den Zwängen bei Schuhen, sondern auch von den Zwängen nach Zeit, Durchschnittstempo, Durchschnittsgeschwindigkeit, Durchschnittsherzfrequenz frei zu machen – sondern einfach eher einen Wildnislauf zu machen. Was heißt, einfach auch mal stehen zu bleiben, wenn ich eine interessante Vogel-Stimme höre, wenn ich ein Reh sehe, oder eine Pflanze, die meine Aufmerksamkeit erregt.

Barefoot statt stinkfoot

Sich zu bewegen wie ein Steinzeitjäger im Busch, das heißt: Nicht ununterbrochen rennend, sondern manchmal gehend, manchmal kletternd, manchmal krabbelnd vorwärts kommen, und über längere Distanzen natürlich in einer Art Trab-Geschwindigkeit nach Art von Wölfen, Kojoten, Schakalen… So läuft man naturnah.

Und, letztlich: Füße stinken nur in Socken und Schuhen.

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