Als eine Gruppe von Volleyball-Jugendlichen per Fahrrad ans Ufer des bis dahin still ruhenden Sees bei Pfordt stürmte und ein Netz neben dem Unimog aufbaute, war klar: Aufbruch!
Ein paar Kilometer nur, dann war Point Alpha erreicht und ich besichtigte nicht allzu ausführlich die Gedenkstätte. Das möchte ich lieber mit Beate, deren Familie noch vor dem Mauer-Bau wegen ihrer freikirchlichen Orientierung aus der DDR flüchtete, zusammen tun.
Wahnsinns-Logik im Kalten Krieg
Ich erinnere mich im Zusammenhang mit Zivildienst und Friedensbewegung Anfang der 80er Jahre, dass Point Alpha am “Fulda Gap” lag – dort, so wurde von den damaligen NATO-Militärplanern angenommen, würde der Warschauer Pakt mit einer massiven Panzer-Überlegenheit durchzustoßen versuchen: Daher war der Einsatz von Atomminen (oder –bomben?) vorgesehen, und das unter “Stay Put”-Regel für die Bevölkerung vor Ort. Hieß: Die hatte dort zu bleiben, also wären Land und Leute durch die eigene Verteidigung vernichtet worden.
Eine Wahnsinns-Logik. Aber es entbehrt selbstverständlich nicht der Ironie, dass ich im Jahre 2016 an Point Alpha als früherer Zivildienstleistender mit einem 30 Jahre alten ehemaligen Bundeswehr-Unimog aufkreuze… Gott, der Kosmos, das Universum, der Große Geist, wer auch immer, hält manchmal seltsame Wege für uns parat.
Ehemalige Ost-West-Grenze
Nachbau der Grenzanlage
Weiter ging’s zur Wasserkuppe, zum Eldorado von Segelfliegern und Paraglidern. Herrje, war da ein Rummel, dem Feldberg im Schwarzwald nicht unähnlich. Mich hat’s da am Samstag nicht allzu lange gehalten, obwohl ich eigentlich Flieger-Fan bin (und einmal eine Schnupperstunde in einer kleinen Einmotorigen geflogen bin und einen Kunstflug absolviert habe).
Auf dem Weg zur Wasserkuppe hinderte mich in Tann (Rhön) ein drei Meter hoher Torbogen in Ortsmitte an der Durchfahrt (der Unimog ist 3,60 Meter) und selbst die beste Einweiserin der Welt hätte daran nichts ändern können, wenn sie dabei gewesen wäre. Dummerweise hatte das Navi nichts dazu gemeldet, obwohl es für teure 60 Euro um Lkw- und Wohnmobil-Navigation aufgerüstet ist. Damn it, Navigon (Garmin)!
Ich musste weitläufig drum herum über die Hohe Rhön fahren und entschied mich schließlich für einen Womo-Stellplatz bei Gersfeld; auch ein Fehler: Teuer, dafür kein WLAN, Strom sollte extra kosten, direkt an einer frequentierten Straße gelegen. Dafür habe ich den Wassertank, der komplett leer war, bei Abfahrt bis obenhin gefüllt (200 Liter).
Ein paar Kilometer entfernt, habe ich mir am Sonntag den Guckai-See als nächstes Etappenziel ausgesucht, und da an einem abgezweigten Parkplatz abseits einen schönen Stellplatz im Wald gefunden. Stehe also frei, mal sehen, ob sich jemand beschwert.
Guckai-See
Hanomag
Rhönflieger-Denkmal
Tandem-Paraglider
Einer Meditationssitzung am See ließ ich eine Wanderung zur Wasserkuppe folgen – eine gute Entscheidung, denn jetzt konnte ich das Treiben in den Lüften aus der anderen Perspektive sehen.
Und den Unimog-Fahrer freut’s natürlich, wenn er einen alten Hanomag sieht – auch wenn der nur noch als Basisfahrzeug für den Seilwinden-Motor für Segelflugzeuge dient.
Zwischenzeitlich waren ziemlich düstere Wolken am Himmel, und das Rhönflieger-Denkmal aus dem Jahre 1926 weiß in dieser Stimmung seine derben ästhetischen Qualitäten voll auszuspielen…
Geduld fürs Gleiten
Schön, dass Segelfliegen ein so friedlicher Sport ist, und Paragliden so schön bunt. Wobei Gleitschirmfliegen doch viel mit Geduld zu tun hat – das Gerät verheddert sich doch viel, der Wind macht vor und beim Start, was er will, und lange Zeit stehen die Leute mit den Strippen in der Hand da und warten, bis es endlich passt.
Und ein Tandem-Flug ist für mich in etwa so attraktiv wie ein Skisprung von der Obersdorfer Olympia-Schanze… Einen Tandem-Fallschirmsprung habe ich hinter mir, aber einem Paraglider würde ich mich nicht vor den Bauch schnallen lassen. Neulich erzählte mir ein passionierter Drachenflieger erst, dass sein Hobby total sicher wäre – nicht so wie das Gleitschirmfliegen…