Das spanische Galicien, nicht zu verwechseln mit dem in Polen, ist zu meiner zweiten Heimat geworden. Das war keine Liebe auf den ersten Blick, sondern zu Beginn dem Umstand geschuldet, dass meine Mutter samt ihrem – spanischen – Lebensgefährten dort seit 30 Jahren wohnt.
Deutsche Menschen neigen dazu, die sonnigen Mittelmeer-Küsten Spaniens mit viel Sonne und warmem Meer anzustreben – ob nun Costa Brava, Costa del Sol oder andere. Ferienhäuser finden sich meist in Katalonien, Andalusien oder Mallorca. Wer will seinen Urlaub schon im Regennassen verbringen? Ist es Zufall, dass nicht wenige galicische Musikanten schwermütige Lieder über Regen (etwa: Luar na Lubre: Chove in Santiago) oder das feuchte Element (etwa: Luar na Lubre: Fonte do Araño) in ihrem regionalen Idiom Galego im Repertoire haben?
Wasser ist hier ein bestimmendes Thema; es umgibt einen in allen Ausführungsformen & Aggregatzuständen. Galicien ist das Land am stürmischen Atlantik, wo sich Wolken und Nebel mischen. So mag es seltsam anmuten, dort einen alten britischen Roadster mit Cabrio-Verdeck zu fahren… ich habe es lieben gelernt. Vermutlich ist es keine Wahl, sondern eine Bestimmung des Universums, der man folgen muss.
Vor allem den Nebel. Ich wohne in einem Haus aus schwerem Granit in den montañas in ca. 600 Meter Höhe, und der Nebel kriecht beinahe jeden Morgen aus dem Tal die Bergfalten hoch wie eine weiße Schicht. Manchmal ist der Übergang zu den Wolken kaum auszumachen, manchmal reißt der Himmel auf, und manchmal setzt sich sogar die Sonne durch. Dann verschwindet sie mitunter hinter einer Nebelschicht, die wie ein weißes Band hochklettert und taucht nach Durchzug wieder auf.
Nebelschwaden umwabern das Haus und die alten Eichen im Gelände; häufig entsteht der Eindruck, einzelne Nebelfinger krümmen sich und tasten nach den Bäumen. Manchmal geht es schon recht spooky zu, vor allem nachts, und es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass der eine oder andere meiner quasi Halbbrüder fluchtartig das Gelände verlassen haben soll.
Ausflüge zur Küste sind wohl fürs seelische Gleichgewicht vonnöten. Natürlich herrscht auch dort raues Atlantikwetter, aber es kann in der warmen Jahreszeit genau das sein. Warm. In etwa wie an der Nordsee. Die habe ich im ersten Lebensviertel gehasst – fürs kalte Wasser und den kalten Wind. Ebenso wie die Meeresfrüchte. Im dritten Lebensviertel weiß ich all das zu schätzen.
Den vorstehenden Bilder kann man entnehmen, dass das Wetter besser ist als sein Ruf. Natürlich kann man mit einem Cabrio cruisen. Man sieht ja nicht selten Menschen, die auch bei Sonnenschein einen Regenschirm bei sich tragen. Und ich habe schon festgestellt, dass es bei geöffnetem Verdeck reicht, um die 60-80 km/h zu fahren, damit der Fahrtwind die Regentropfen über die Frontscheibe treibt.
Also: Seitenscheiben und Windschott hoch – und auf mit dem Verdeck*!
*(Das übrigens – Baujahr 1998 – mit zwei Händen rein mechanisch ohne auszusteigen betätigt, schneller als mit einem Elektroantrieb zu öffnen und zu schließen ist.)