Herzbergfestival: „Stardust we are“!

Seit den 80er Jahren in Hanau, und damit Hessen, obendrein mittendrin in der sich formierenden Alternativbewegung – und rund 40 Jahre später erst vom Herzberg-Festival gehört? Dem wohlbekannten (Alt-)Hippie-Treffen in der Nähe von Fulda, also keine 100 Kilometer entfernt von Hanau?  Auch das kann passieren, so offensichtlich wie peinlich…

Wir erfuhren also in der Wikipedia folgendes:

Das Burg-Herzberg-Festival, auch BonsaiWoodstock, ist ein Musik- und Literaturfestival der Hippie-Kultur im Breitenbacher Ortsteil Gehau. Das Burg-Herzberg-Festival ist mit 12000 Besuchern das größte Freiluft-Hippie-Festival Europas.

https://de.wikipedia.org/wiki/Burg-Herzberg-Festival

In den 80er Jahren habe ich einmal mit einem damaligen Freund einen Urlaub auf der Balearen-Insel Menorca verbracht, und zwar in einer kleinen Bucht mit kleinen und großen Höhlen: Dort, wie bei einem Einkaufsausflug in die Hauptstadt Mahon eine deutsche Touristenfamilie auf die Antwort zur Frage, wo wir denn untergebracht seien, „die nackerten Leut‘ wohnen“ meinte… Tatsächlich liefen auf der anderen Seite der Bucht wenig bis gar nicht gekleidete, gesund braun gebrannte Menschen jüngeren Alters samt Kindern herum, an deren Füßen befestigte Glöckchen klingelten.

Wir standen damals durchaus den Punks näher, und unter denen galt „never trust a hippie“.  Aber natürlich verändern sich Positionen im Zuge der Zeit ebenso wie sich die in jungen Jahren gepflegte Anarcho-Aggressivität entlang des Alterns zumeist verliert. Heutzutage ist unsereins auf den schon immer friedlichen wie freudvollen, nachhaltigen wie achtsamen, naturbewussten wie gesunden Lebensstil der Hippies (nur hätte man das früher so nicht genannt) neugierig und daher sattelten wir die etwa 150 Pferde des Unimogs.

Herzberg-Festival heißt natürlich auch ein verlängertes Wochenende in Fahrzeugen und Zelten zu verbringen, alle sind gut drauf, schlafen ihren Rausch auch mal am Wegesrand aus, und Stille und Ruhe darf man nicht erwarten. Auf einem Musik-Fest spielt nun mal eine Band nach der anderen bis in die frühen Morgenstunden des nächsten Tages, und wer davon nicht genug hat oder mit dem Gebotenen unzufrieden ist, dem bieten die modernen technischen Entwicklungen in Sachen tragbarer Akkus und Lautsprecher-Boxen die Möglichkeit, sein individuelles Festival im kleinen Kreis am eigenen Zelt oder Fahrzeug lautstark zu veranstalten. Open End.

Wir stießen zu ein paar Bekannten, die wir bei Willys Fernreisemobiltreffen kennengelernt hatten – die hatten mit anderen Bekannten schon zwei Tage zuvor eine kleine Wagenburg gebaut und mit Tüchern und anderen Schattenspendern ausgestattet. Oben auf dem Herzberg ist man der prallen Sonne im Hochsommer sonst schutzlos ausgeliefert. Und Hitze in Kombination mit Alkohol und anderen Rauschmitteln sorgt für Opfer… Wohl dem, der eine Badewanne mit kühlem Wasser parat hatte.

Die meisten Wohnmobile waren konventioneller Art. Der Unimog und die Alt-Lkws unserer Wagenburg-Nachbarn bildeten eher die Ausnahme. Zum Charme des Festivals gehört auch, dass es viele Tagesbesucher gibt, die aus Neugier auf die Hippies kommen; speziell an den Wochenendtagen. Es mögen einige dabei sein, die sich ihrer alten Zeiten erinnern, andere entsprachen eher der deutschen Familie, die wir in Menorca trafen.

Es kann wohl auch nicht ausbleiben, dass ein solches Festival nicht ohne gastronomische wie andere Versorgungsstände auskommen kann; wer jedenfalls im falschen Outfit angereist ist, hat keine Mühe, Hippie-Style-Klamotten in allen möglichen Ausführungen und Preisklassen zu erwerben. Auch allerlei Klimbim. So sehr unterscheidet sich das dann nicht vom Museumsuferfest in Frankfurt. Auch wenn es gewiss eine Menge mehr köstliche Kost aus dem vegetarisch-veganen Bereich gibt, und einige wenige Stände zu Natur- & Umweltschutz und anderen politischen & gesellschaftlichen Initiativen.

„Stardust we are“ lautete das sympathische Motto dieses Jahr, dem wir uns angesichts des „Stargazing Windows“ im Alkoven des Unimogs nur zu gerne zuwandten. Bei all der mal mehr, mal weniger latenten Aggressivität, die Gesellschaft und (Musik-/Pop-/Jugend-)Kultur heutzutage durchzieht, empfanden wir die Freundlich- & Friedlichkeit der Hippies oder ihnen Nahestehenden so wohltuend… Und ja, wir sind Sternenstaub!