Ein paar Kilometer zurück auf der generell gut gepflegten Hauptpiste, dann links ab an den unübersehbaren Schildern vorbei: Nur 4×4 only sollte man die schmale, zerschlagene, gerade mal einspurige Bergpiste fahren. Eine Warnung wohl vor allem an übermütige Touristen, denn die Einheimischen fahren solcherlei tagtäglich im zerschrammten und verbeulten Opel Corsa oder ähnlichen Karossen.
Das haben wir zur Genüge bereits in Marokko erlebt – dort sind es in der Regel die unverwüstlichen Mercedes W123 oder französische Dauerbrenner, die einem noch in den entlegensten, derbsten Offroad-Ecken entgegenkommen. Nur gut situierte Europäern glauben, nur mit einem für die Rallye Dakar aufgemotzten Geländefahrzeug dererlei bewältigen zu können.
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Gegenüber der Fahrt im Januar hat sich an der Strecke nichts geändert. Jenseits von Wupperthal verbreitert sich der Weg wieder zu einer der üblichen Schotterpisten, sozusagen einer Landstraße. Die führt aus den Cederberg Mountains raus in Richtung Tankwa Karoo – und durch das Biedouwvalley hindurch. Auf halbem Wege liegt die Enjo Nature Farm.
Nach Enjo zu kommen, heißt nach Hause zu kommen – an einen Ort der Ruhe, der Entspannung, gar der Heilung. Auf der benachbarten Campsite – ca. hundert Meter entfernt, nimmt ein Mann Platz, der auf einer Matratze auf der Ladefläche seines kleines Renaults schläft und eine rudimentäre Ausrüstung rundherum verteilt. Zu der gehört eine Gitarre, und so erfreuen mich morgens wie abends melancholische Saitenklänge, die der Wind herüber weht.
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Die typische Klischeebildung mag mit sich bringen, den Mann für den Flüchtling eines seelischen Unglücks zu halten. Als ich mich bei ihm beim Abschied zwei Tage später für die musikalische Untermalung bedanke, zeigt er sich freilich gar nicht traurig. Mit ihm ins Gespräch zu kommen und Gedanken über Gott und die Welt auszutauschen, habe ich bedauerlicherweise versäumt.
Ab und zu habe ich ihn auf der Farmveranda (nur dort gibt es WiFi) getroffen – in ein Telefongespräch vertieft. Aber im Gegensatz zu dem französischen Pärchen, dass eines der Enjo-Cottages bezogen hat, hat er ansonsten das echte Leben dem Blick auf den Bildschirm eines kleineren oder größeren Computers vorgezogen. Was mich betrifft, so starre ich auch nicht zu selten aufs Display meines Smartphones – aber das hat damit zu tun, dass ich bislang das PC-Tablet noch nicht einmal ausgepackt und mit dem Handy sämtliche Organisation, Kommunikation und Navigation plus Fotografierei abgewickelt habe.
Wilde Paviane
Das echte Leben in Enjo besteht u.a. aus dem stets mit Wasser gefüllten Swimming Dam und den allgegenwärtigen Bobbejaans. Die Paviane sind tatsächlich wild – und das ist von Vorteil. Denn „wild“ bedeutet nicht aggressiv, sondern das Gegenteil: scheu. Und so lange niemand sie füttert, bleibt das auch so. Intelligent, wie die Biester sind, haben sie andernorts gelernt, etwa die Reißverschlüsse von Zelten zu öffnen. „But these are not like the ones in Capetown“, erklärt die Hausherrin, „these are wild“.
Rund um Enjo führt ein Wanderweg; man kommt u.a. am „Lonely Planet“ vorbei – einem Cottage, das weit entfernt von Haupthaus und -anlage seinem Namen alle Ehre macht. Wer das Gefühl haben mag, auf einem der letzten Außenposten der zivilisierten Welt untergebracht zu sein, dem sei eine Übernachtung dort empfohlen.
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Aufenthalte wie in Enjo dienen aber auch dazu, an Fahrzeug und Ausrüstung rumzuwerkeln. In Enjo etwa waren HiLift– und Bottle-Jack-Wagenheber dran, die ich Inspektion, Reinigung und Ölung unterzog. Dabei fällt auf, dass die Radbolzen an der Vorderachse recht locker sind und der Bottle-Jack zu kurz ist, um die Achse des Land Rovers ohne Unterlegbrett o.ä. zu erreichen… erstmal tut’s ein flacher Stein; irgendwo muss ich etwas geeigneteres finden.
Auch stellt sich heraus, dass ein scheinbar fehlender Imbus für den HiLift sich am Imbusschlüsselsatz des Fahrradwerkzeuges findet. Typisch: Ruhetage in robuster Umgebung vergehen häufig mit Wartungs-, Bastel- oder Reparaturarbeiten – Offroad-Touren zerren halt an Mensch und Maschine; beide müssen Gelegenheit zur Renovierung haben.
Schakale, Moskitos und Fledermäuse
In der Nacht jaulen die Schakale von fern, die Farm-Hunde antworten. Schaurig-schöne Geräusche, kontrastiert vom Sirren der Moskitos. Der einzige Ort während der knapp vier April-Wochen mit Moskitos übrigens, und die Plagegeister haben auch ihr Gutes. Denn während ich draußen unterm Millionen-Sterne-Zelt sitze, zischt unvermittelt in der Dunkelheit ein flatternder Schatten an meiner Nase vorbei – und dessen Flügel machen ein nie zuvor gehörtes deutliches „flapp-flapp-flapp“.
Und auf Jagd nach Futter und gewahr der Moskitos um den Citronella-geschützten Menschen drumherum, wird die Fledermaus noch ein paarmal direkt vor meinen Augen vorbeihuschen und dieses überraschend laute Schlagen der Flügel zu hören sein. Und dafür, werte Stechmücken, sei euch gedankt. Zumal die eine oder andere von euch das nicht überlebt haben dürfte.