Plum Village ist ein magischer Ort, doch seine Magie besteht nicht im Ort, sondern in den Menschen, die diesen Ort beleben. Es sind die Nonnen und Mönche, die ihn zu etwas Besonderem machen; es sind die Menschen, die ihn besuchen und mit den „Profis“ und engagierten Laien mit einem fröhlichen Leben erfüllen.
Im Zuge meiner Ausbildung zum MBSR-Lehrer habe ich einige (Schweige-)Retreats besucht, die wesentlich strenger in ihren Regeln und wesentlich genauer in ihren Abläufen organisiert waren. Ein Meditations-Retreat in Plum Village, so mein Eindruck, ist besonders für Neulinge in der Materie geeignet. Das Gefühl hatte ich auch bei meinem kurzen Aufenthalt im vergangenen Oktober (siehe: Retreat in Plum Village)
Es ist aber, so weiß ich nach nunmehr einer Woche Aufenthalt im „New Hamlet“, besonders für die geeignet, die buddhistisch orientierte Schweige-Retreats (in Deutschland) häufig als unerfreulich sauertöpfisch-gramvolle Veranstaltung erleben.
In Plum Village (siehe Wikipedia) ist das Ziel „joy“ und „happiness“ und die Nonnen und Mönche leben das mit Freude und Humor vor. Wenn es einen Ort gibt, in dem Sitz- oder Geh-Meditation und eine buddhistisch orientierte Haltung zum Leben mit seinen Schwierigkeiten vermitteln wird, dann muss das wohl das Kloster des vietnamesischen Mönches Thich Nhat Han nahe dem südfranzösischen Bergerac sein.
Engagierter Buddhismus ohne Dogmatik
Jeder ist eingeladen zu kommen, egal welcher Religion oder Weltanschauung, um mit den Schwestern und Brüder zu praktizieren. Niemand wird zu etwas gezwungen und niemand wird zu irgendetwas überredet. Es wird überhaupt nicht argumentiert, sondern nur (vor-) gelebt und praktiziert. Jede/r kann teilnehmen und sich soweit integrieren, wie sie oder er will.
Es gibt einen klaren Tagesablauf ab etwa 5 Uhr morgens mit Tai Chi, Qigong, Sitz- und Gehmeditationen, Dharma-Vorträgen, Essen, Arbeitsdiensten, Besuchen der anderen Hamlets (Upper und Lower) und dem Abschluss mit einer Sutren-Rezitation (eher ein Gesang bzw. dem Chanten) mit Erklingen der großen Glocke ab 21 Uhr.
„Peaceful Elephants“ in der Meditationshalle
Wir hatten in zweierlei Hinsicht Glück mit der einwöchigen Teilnahme am diesjährigen Summer-Retreat: Unsere Arbeits-Gruppe, die „Peaceful Elephants“ bestand aus einer Reihe faszinierender Menschen unterschiedlichen Alters, Geschlechts, Nationalitäten, Hautfarben, Augenformen, Haartrachten, und manche waren dort geboren, hatten da gelebt und wohnten mittlerweile woanders. Ein Potpourri an Ideen und Temperamenten.
Außerdem durften wir – manchmal mehrmals am Tag – die große Meditationshalle mit ihren Sitzkissen und -matten für mehr als 250 Teilnehmer aufräumen, säubern oder umarrangieren. Mir war das viel lieber als etwa Küchen- oder Gartenarbeit: Als Karate- wie Kobudo-Eleve hatte ich bereits gelernt, dass nach dem Training vor dem Training ist und dass man dazwischen das Dojo und die Trainingsgeräte in Ordnung bringt. Und dass das zum Training dazu gehört wie das Training selbst.
Achtsamkeit in allen Tätigkeiten
Das Dojo in Ordnung zu halten ist eine gleichermaßen wertvolle Haltung wie ein Karate-Kumite oder eine Kobudo-Kata. Und so ist auch das Aufräumen der Meditationshalle nichts andere als eine weitere achtsame Haltung.
Achtsamkeit, zu englisch mindfulness, ist rund um die Uhr das Thema in Plum Village, in der freundlichen Absicht, glücklich zu sein: Das Leben ist zu kurz, um es mit Griesgrämigkeit zu verschwenden, heißt das – es ist zu kurz, um nicht jeden Moment bewusst und intensiv zu erleben. Wir waren sehr beeindruckt, und haben uns entschlossen, die Five Mindfulness Trainings (siehe Wikipedia-Artikel zu Thich Nhat Han, der auch eine gute Zusammenfassung der Inhalte und Ansätze in Plum Village enthält) zu erhalten (und bei der Gelegenheit auch einen Dharma-Namen).