Keilriemen und Kurbelwelle

IMG_481127844 (591x640)Wir steigen ein, der Motor springt an, ich schaue auf die Anzeige mit dem Betriebsdruck für die Bremsanlage. Wir fahren mit dem Unimog einen (kleinen) Lkw, da wird über Luftdruck gebremst… d.h., eigentlich sorgt der Luftdruck dafür, dass die Federspeicher sich von den Bremsen lösen und damit ein Fahren überhaupt erst möglich ist. Ohne ausreichenden Betriebsdruck – so um acht Bar – rührt sich das Fahrzeug nicht von der Stelle, ob wir wollen oder nicht. Das führt dazu, dass man den Motor bei Start immer erst einige wenige Minuten laufen lassen muss, bevor wir die Bremse lösen können: Ein Keilriemen läuft zum so genannten Luftpresser, der – wie der Name andeutet – dafür sorgt, dass die Luft in den Druckkesseln komprimiert vorliegt. Der Vorrat bzw. Betriebsdruck dort muss für drei Vollbremsungen reichen, habe ich während ein paar Lkw-Fahrstunden erfahren.

Das alles zu wissen, ist für das Verständnis des Folgenden notwendig.

Lichtmaschine und Lenkung

Da unser Unimog nur wenige Stunden während unserer Skilanglauf-Exkursion gestanden hat, ist noch eine Menge Druck vorhanden, und wir können schnell – ab und zu legt meine Affinität zu Booten durch – ablegen. Komisch nur, dass sich der Druck nicht weiter aufbaut, und komisch auch, dass die Ladekontrolle der Lichtmaschine aufleuchtet, und noch komischer eigentlich, dass sich die Lenkung kaum bewegen lässt.

Letzteres: Klar, Servo ausgefallen. Genauer, die Lenkhilfe unseres Siebeneinhalbtonners. Beweg’ die Lenkung mal mit purer Muskelkraft! Ersetzt locker jedes Maximalkrafttraining…Dass die Lichtmaschine nicht arbeitet, ist im gegenwärtigen Moment nicht so wichtig, wird es allerdings dann, wenn der Motor immer wieder angelassen werden müsste, und die 24V-Starterbatterien dann irgendwann schlapp machen. Sie kriegen ohne Lichtmaschine ja keinen Saft nachgeführt…

Die Kontrolllampen für die Bremsbeläge glühen auch. Hm. Erst einmal weiterfahren, den Feldberg runter auf die Landesstraße – vielleicht ergibt sich ja das alles von selbst.

Weihnachtsbaum-Beleuchtung am Armaturenbrett

Tut es nicht. Unser Grünimog – so der inoffizielle Name des Gefährts – lässt sich kaum lenken, und der Betriebsdruck fällt kontinuierlich und rapide. Unter acht Bar, er nähert sich den sechs Bar – und dann machen die Federspeicher zu und und in diesem Moment steht das Fahrzeug, abrupt und wo auch immer, wie auch immer.

Das gilt es unbedingt zu vermeiden – also bei der nächsten Haltebucht rechts raus und ran. Der Betriebsdruck sinkt weiter, also war’s gerade noch rechtzeitig, nahezu alle Warnlampen glühen vor des Fahrers Auge – in rot und gelb, sieht aus wie’n Weihnachtsbaum beinahe.

Ein Blick unter die Motorhaube zeigt: Kein Keilriemen dreht sich, daher kein Betriebsdruck, kein Antrieb für die Lichtmaschine, kein Antrieb für die Hydraulikpumpe der Lenkung etc. Aufgrund des mangelnden Luftdrucks glauben die Kontrollen, die Bremsbeläge seien runter. Passt alles zusammen.

350 Nm wollen gedreht sein

Alle Keilriemen laufen um eine so genannte Riemenscheibe, und die wird von einer großen Sechskantschraube vorne gehalten. Die wird normalerweise mit 350 Nm Drehmoment angezogen, dazu reicht ein normaler (Pkw-)Drehmomentschlüssel nicht aus. Und pure Handkraft mit Hilfe einer Wasserpumpenzange erst recht nicht, denn das Spezialwerkzeig dafür haben wir natürlich nicht dabei. Aber wir sind froh, wenigstens die Fehler-Ursache schnell und glasklar gefunden zu haben.

Wir verbringen die Nacht in der Haltebucht, ein in der Nähe wohnender Freund (den wir ein paar Tage zuvor abends besucht hatten) fährt uns zu einer Mercedes- und Unimog-Werkstatt in Titisee-Neustadt. (Dafür lässt er einen wichtigen Arzt-Termin sausen, und eigentlich ist er ja als Tour- und Security-Manager einer bekannten deutschen Band gar nicht da bzw. auf dem Sprung…).

Klingt alles relativ simpel, war es aber nicht. Unser Standort weist kaum Telefon- wie Internetverbindung auf. Wie kriegen kaum Kontakt. Oder die Verbindung ist so schlecht, dass man nichts versteht. Also dauert es, bis wir all das herausgefunden, vermittelt und organisiert haben.

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Die Unimog-Mechaniker nehmen sich unseres Fahrzeug sehr engagiert und kompetent an, lassen alles andere stehen und liegen, holen den Grünimog aus seiner abgelegenen Ecke in ihre Werkstatt und beginnen, vorne ab- und auszubauen.

Nach Stunden verweisen sie auf einen defekten Schwingungsdämpfer, listen die notwendigen Ersatzteile auf (wir sind froh, glimpflich davon zu kommen und keinen kapitalen Kurbelwellen- oder Motorschaden diagnostiziert zu bekommen) und bestellen sie.

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Wir verbringen eine Nacht im Unimog auf dem Parkplatz hinter dem Mercedes-Betrieb. Aber wir haben schon schlechter, vor allem lauter, gestanden. Am nächsten Morgen packen wir unsere Schwimm- und Sauna-Sachen und machen uns auf den Weg ins nahegelegen Badeparadies Schwarzwald, und verbringen die Stunden in diesem “Erlebnis- und Wellnessbad der Superlative” (nicht ganz unzutreffende Selbst-Beschreibung) in diversen Saunen, Dampfbädern, Floating Tanks, Cocktailbars im Bassin – nach den vielen Wanderkilometern, Höhenmetern und Ski-Abenteuern ein ohnehin auf unserem Plan vorgesehenes Kontrastprogramm.

Als wir zurückkehren, schuften und fluchen unsere Mercedes-Mannen immer noch, haben Motor und Fahrerhaus hochgehoben, um den neuen Schwingungsdämpfer ein- und alles andere wieder zusammenbauen zu können. Wir sind sehr begeistert von deren Performance und Engagement, uns nicht noch eine weitere Nacht im Hinterhof verbringen zu lassen und alles vor Feierabend fertig zu kriegen.

Unimog-Schrauber gesucht

Die Rechnung: Halb Ersatzteil-, halb Arbeitszeitenkosten. Wir gucken zweimal hin: so wenig? Haben die ihre Stunden nicht aufgeschrieben? Haben die hier im Schwarzwald einen anderen Stundensatz?? Haben die nur einen Mechaniker berechnet, obwohl zeitweilig derer drei an unserem Auto rumwerkelten???

Schließlich die Probefahrt. Alles rund. Dann geht’s ab nach Freiburg, wo Beate – die ja nicht nur Krav Maga-Instructorin, sondern auch Heilpraktikerin und Hypno-Therapeutin ist, eine Fortbildung von Freitag bis Sonntag hat – und ich ihr den Ort und die Orte vorstellen kann, an dem/denen ich viel Zeit bei meine Ausbildung zum MBSR-Kursleiter verbracht habe.

P.S.: Hab ‘nen Lkw-Drehmomentschlüssel (bis 700 Nm) bestellt und mich für ‘nen Unimog-Schrauberkurs beim Unimog-Club Gaggenau angemeldet. Ich lerne mit jeder Tour und vor allem bei jeder Panne dazu, aber jetzt will ich meine Loseblatt-Erfahrungen auf eine strukturierte Grundlage stellen.

P.P.S.: Wenn jemand einen versierten Unimog-Schrauber kennt, der keine Mondpreise verlangt, bin ich überdies für einen solchen Kontakt sehr dankbar. Die Unimog-Vertragswerkstatt in unserer Wohnort-Nähe ist gut, aber kaum bezahlbar.