Krieger & Pflanzenfresser

Vor vielen, vielen Jahren saßen ein Nachfahre der Wikinger und einer der Germanen während eines einwöchigen Krav Maga-Trainingscamps beim Mittagessen beisammen – d.h. ich aß, er nicht. Der schwedische KM-Instructor war (und ist) ein Hüne an Gestalt, gleichwohl er mir früher bulliger und breiter erschienen war. Tatsächlich, so gab er damals auf Nachfrage an, sei seine Muskulatur schlanker, gleichwohl aber (noch) kräftiger geworden. Das verdanke er seinem intensiven Kettlebell-Training (er ist heute einer der führenden Kettlebell-Trainer der Welt) und der Warrior Diet.

Zu jener Zeit spielte der Langdistanz-Triathlon (z.B. Ironman) noch eine große Rolle in meinem Leben und auch als Ju-Jutsu-Trainer kannte ich mich mit (Sport-)Ernährung und Ernährungslehren einigermaßen aus. Beim Ausdauersport steht natürlich die Versorgung mit Kohlehydraten im Fokus, und so war ich mehr als erstaunt, als mir erklärt wurde, die Warrior Diet komme tagsüber gänzlich ohne Kohlehydrate aus und nehme solche nur während des Abendessens zu sich.

Nun ist der Schwede nicht nur einer der erfahrensten Krav Maga-Instructors weltweit, sondern auch jemand, der seine Freundin bei der Kettlebell-Übung des „Get-up“ einhändig über Kopf gestemmt balanciert, Kartenspiele vor laufender Kamera mit den bloßen Händen zerreißt und MMA-Kämpfe absolviert hat. Außerdem hat er einmal eines unserer Autos hochgehoben:

Mit Sicherheit ist er einer der fittesten und stärksten Menschen, die ich kenne (ohne ein Strongman-Extremist zu sein) – ich war also beeindruckt und dachte: „Give it a try!“ Erfunden hat die Warrior Diet – eine Art Intervallfasten, lang bevor dieser Begriff populär wurde, ein ehemaliger israelischer Spezialsoldat namens Ori Hofmekler, dem während seiner Militärdienstzeit aufgefallen war, wie lange er und seine Kameraden tagtäglich unter großen Anstrengungen unterwegs waren, ohne allzuviel zu essen zu bekommen.

Beim Blick in die Geschichtsbücher fiel ihm weiterhin auf, dass das schon für die griechischen und römischen Soldaten der Antike galt. Mit schwerem Gewicht der Brustpanzer & Beinschienen, Speere & Schwerter waren diese Männer in Ausdauermärschen unterwegs, um sich dann ins todbringende Gefecht zu stürzen – und dafür noch genügend Kraft hatten. Und diese Männer (gleichermaßen übrigens die Gladiatoren) bekamen nur sehr wenig Fleisch zu essen, sondern Bohnen etc. und Gemüse. Fleisch stand gar nicht zur Verfügung.

Ähnliches galt zu noch weiter zurück liegenden Zeiten: Die frühen Jäger & Sammler waren oft tagelang ohne ausreichende Nahrung unterwegs, sondern versorgten sich vom Wegesrand mit Früchten, Samen und Nüssen, bevor sie eine Chance auf den fleischbringenden Todesstoß hatten – so würden die Bushmen der Kalahari heute noch jagen, wenn die namibische Regierung sie ließe.

Aber auch bei den Jägern & Sammler stand das Sammeln eigentlich viel mehr im Vordergrund als das Jagen – weil es eine stetige und berechenbare Nahrungsquelle war. Hofmekler also schloss in seiner Warrior Diet den Fleischkonsum nicht aus, stellte aber Obst, Gemüse, Molkereiprodukte und auch Fisch in den Vordergrund. Vegan-Advokat per se ist er nicht.

Die Warrior Diet ist im Grunde aber eine Art „Rahmenrichtlinienplan“, den jeder so füllen kann, wie es ihm guttut. Für den Schweden bedeutete sie sogar einen enormen Fleischkonsum; für mich das Gegenteil, zumal ich in Hofmeklers Buch zu seiner Diät nichts dazu fand, was auf Fleischpräferenz hinwies. Wichtig ist vor allem die langandauernde „Undereating Phase“ (die aktive „Jagd-Phase“ tagsüber) und die „Overeating Phase“ (das eine große Essen am Tag; sozusagen das gemeinschaftliche Essen am Lagerfeuer, bei der die gejagte und/oder gesammelte Beute verzehrt wird).

Wer mehr zur Warrior Diet wissen will (samt kritischer Würdigungen):

https://www.brigitte.de/gesund/abnehmen/warrior-diaet–abnehmen-wie-ein-krieger-11648222.html

https://www.focus.de/gesundheit/gesundleben/fitness/extremes-intervallfasten-das-steckt-hinter-der-warrior-diaet_id_11526631.html

https://www.verywellfit.com/the-warrior-diet-4684768

https://www.vital.de/gesundheit/warrior-diaet-so-funktioniert-die-ernaehrungsweise-6711.html

Wir stiegen also auf die Warrior Diet um, passten sie unseren Bedürfnissen, Ansprüchen und Auslegungen an – und haben es nie bereut. Der häufig als schwer beschriebene Umstellungsprozess verlief bei uns leicht und problemlos.

Mehr Power durch intermittierendes Fasten

Und so passt die Warrior Diet, die ja eine Abnehm-Diät sein kann, aber viel mehr eine Ernährungs-, ja sogar Lebens-Lehre ist, bestens zu allen kriegerischen, also Kampfsportarten, und somit zum Krav Maga. Umso mehr, als Krav Maga ja mehr als ein Kampfsport ist, sondern als militärisch fundierte Selbstverteidigung eine Über-Lebens-Lehre!

Wie großartig man sich fühlt, eine Woche Krav Maga-Camp mit acht Stunden Training am Tag ohne Mittagessen auf der Basis von etwas Obst, Tomaten und Nüssen durchzuziehen; oder ein Meditations-Retreat; oder eine Wüsten-Durchquerung am Steuer eines Geländewagens.

Freiheit durch Fasten

Energie zu haben ohne essen zu müssen ist ein großartiger Freiheitsgewinn. Nie müde zu sein (weil es ja keinen mittäglichen Verdauungsprozess bzw. das „Suppenkoma“ gibt) ist ein großartiger Freiheitsgewinn. (Was nicht heißt, dass Essen keinen Spaß machen darf bzw. nicht umso mehr Spaß macht, wenn man sich wirklich drauf freut – und Essen nicht einfach nur als Kompensation diverser Defizite im Leben miss-braucht).

Viel später brachte mir eine Krav Maga-Schülerin ein Buch eines Ultra-Triathleten mit, der bis zu einem Alter von 40 Jahren ein versoffener und verfetteter Anwalt gewesen war und sich mit mittels veganer Ernährung zu einem der fittesten Menschen auf diesem Planeten gewandelt hatte. Rich Roll schrieb ein Buch über seine Wandlung („Finding Ultra“), in dem er auch begründet, warum er die pflanzenbasierte Ernährung für die bessere Energie-Bereitstellung auf lange Sicht hält und warum sie ihn zu seinen Extremleistungen befähigte.

Pflanzenfressende Extremsportler und Weltstars

Ähnliches bekam ich beim vielleicht besten Ultra-Marathon- und Ultra-Trailrun-Läufer der Welt, Scott Jurek, in seinem Buch „Eat and Run“ zu lesen. Oder bei einem weiteren Extrem-Ausdauersportler, Brendan Brazier. Und nach und nach stieß ich auf immer mehr Quellen…

(etwa der von „Titanic“-, „Avatar„- und „Terminator 2“-Regisseur James Cameron produzierte Film „The Game Changers“ aus der Welt der veganen MMA-Kämpfer und Strongman-Kraftsportler, für den sich Weltstars wie Arnold Schwarzenegger, Jackie Chan, Lewis Hamilton und Novak Djokovic einsetzen)

…denen es nicht nur um das Wohl der Tiere und die Rettung des Planeten ging und die auf das manchmal moralinsaure Missionarstum der veganen Szene verzichteten.

In den Vordergrund stellen all diese Quellen die höhere Leistungsfähigkeit, die Verbesserung aller körperlichen (und auch geistigen) Konditionen samt allgemeiner Gesundheit durch die pflanzenbasierte Ernährung. Wenn damit  das Wohl der Tiere und die Rettung des Planeten einhergehen – umso besser, lautet der Tenor.

„Vegan“ ist ein Reizwort – und nicht überall auf der Welt möglich

Dieser Ansatz ist der meine; und daher spreche ich auch lieber von pflanzenbasierter Ernährung und verzichte nach Möglichkeit auf das Reizwort vegan. Abgesehen davon, dass meine Interpretation der Warrior Diet eine vegetarisch-vegane ist mit der Freiheit, auch mal Eier oder Fisch zu essen – in manchen Regionen der Welt, die ich bereist habe, ist es kaum oder gar nicht möglich, die reine pflanzenbasierte Lehre beizubehalten: Trophäenjagd verabscheue ich, aber nicht die Jagd zum Zwecke des (Über-)Lebens.

Und ich bin sogar sicher, dass ich mit Speer oder Pfeil & Bogen ein Tier erlegen könnte (wenn es mir denn gelänge), wenn es sein müsste. Während ich auch sicher bin, dass die meisten passionierten Fleischesser beim Betreten eines Schlachthauses ohnmächtig würden (insofern ist mir ein ehrlicher Jäger lieber).


Kurzum: Bei unseren roninkravmaga-Trainings bieten wir an, es einmal mit pflanzenbasiertem Fasten zu versuchen und eine eigene Erfahrung damit zu gewinnen. Gelegentlich bieten wir auch gesonderte Schulungskurse dazu an. Ob man sich danach der pflanzenbasierten Warrior Diet widmet, einzelne Anregungen aufnimmt oder dankend Abstand nimmt, bleibt jedem überlassen.