Der Motor erstirbt, der Unimog kommt hinter einer Düne zum Stehen. Ein Badeort im Winterschlaf an der französischen Atlantikküste. Kein Mensch weit und breit, alle Bars und Shops vernagelt, die Bürgersteige hochgeklappt.
Hinter der Düne liegt der Atlan-tische Ozean, die Wellen deutlich zu hören. In der Nähe schiebt ein Schaufellader durch den Sand.
Auf dem Dünenkamm angekommen, sieht man das Meer. Ein Meer aus Müll.
Ein Strand übersät mit Plastikabfällen. Flaschen, Fischernetze, Tonnen, Etiketten, Dosen,… unklar, ob sie von den Badegästen der vergangenen Saison stammen, über Bord von Besatzungsmitgliedern vorüberfahrender Schiffe gekippt wurden oder einem Container auf dem Weg nach China stammen, der mit europäischen Wohlstandsresten in seinem Bauch bei einem Sturm in der aufgepeitschten See landete.
Der Schaufellader scheint gerade dabei ist, all das Plastikzeug unter den Sand zu pflügen. Jedenfalls entsteht kein Plastikhaufen, der abtransportiert werden könnte.
Im Frühjahr 2012 verendete ein Pottwal an der Küste Andalusiens. In seinem Bauch: 17 Kilo Plastik. Mehr als 100 Millionen Tonnen Kunststoff haben sich in den Weltmeeren angesammelt, schätzen Forscher. Sie zerfallen langsam in immer kleinere Fragmente, die von Meeresorganismen mit der Nahrung aufgenommen.
…schreibt „Planet Wissen“, eine Sendung von SWR und WDR, unter dem Titel “Plastik im Meer”. Das, was an die Ufer der Kontinente gespült wird, ist dabei nur der kleinere Teil. Das meiste Plastik schwimmt, zersetzt sich und geht unter.
Ein paar Meter weiter liegt ein großer, aalförmiger toter Fisch am Strand (siehe Bild oben). Im Bereich von Kopf und Hals eine klaffende Wunde; wenige Meter weiter ein weiterer. Mit einer gleichartigen Wunde.
Die Annahme ist: Von Anglern weggeworfen. Vielleicht auch wieder ins Meer geworfen; die Brandung hat sie womöglich zurück gespült. Die Wunden an den Köpfen sind zu gleichförmig, als dass eine Verletzung durch eine Motorbootschraube in Frage käme.
Den ganzen Abend bis in die Nacht war rund um den Unimog-Übernachtungsplatz hinter der Düne Betrieb. Männer in dicker Unterwäsche zwängten sich in Wathosen oder wasserfeste Overalls und zogen mit Angelruten bewaffnet gen Brandung.
Im Coyote Mentoring gibt es den Begriff der “Heiligen Jagd”: Nimm nur, was du brauchst. Verwerte das ganze Tier. Habe Respekt gegenüber diesem Wesen, dass für dich und dein Leben sein Leben verlor.
Weil wir nicht wollen, dass Tiere für uns ihr Leben verlieren, sind wir Vegetarier, mit gelegentlichen Ausflügen ins Vegane. Mit der Heiligen Jagd könnte ich dennoch leben, wenn das Leben in der Natur wie bei unseren Vorfahren es mit sich bringt, ein Tier wegen Nahrung und Werkstoffen zu töten. Ich habe eine Speerschleuder gebaut und mich mit dem Gedanken befasst, wie es wäre, sie in einer Outdoor- oder Survivalsituation nutzen zu müssen.
Jute statt Plastik
Freilich: Konsequenter Veganismus führt dazu, dass man sich nur noch in Kunststoff kleidet. Keine Schuhe, keine Stiefel aus Leder. Beim Laufen, Schwimmen, Klettern, Kayaken – Funktionsklamotten oder Tierhäute? Was sich da am Strand an Plastikmüll ansammelt, ist letztlich Folge einer Gesellschaft & Wirtschaft, die eine endlose Menge an Kunststoffprodukten auf den Markt wirft.
Kunststoff entsteht aus Öl. Die Menschen haben also zuerst den Bauch von Mutter Erde aufgeschnitten und ihre Innereien herausgeholt, um mit dem daraus gewonnenen Plastikplunder Vögel, Fische und andere Tier samt das Wasser, aus dem der Planet zu zwei Dritteln besteht, zu vergiften. Ein achtlos weggeworfener Fisch demonstriert die räuberische Haltung, die dahinter steht.
Leben mit weniger Plastik
Keine Plastikplünnen tragen zu wollen, bedeutet, Tieren ihre Haut wegzunehmen. Kunststoffklamotten zu tragen, bedeutet, ein Teil des Plastikproblems zu sein. Ein Wetterfleck aus Loden hält Sturm und Regen stand, doch eine Regenplastikhaut trocknet viel schneller – im beengten Wohnkoffer des Grünimog spielt das eine Rolle.
Wir verlassen die Gegend um Messanges verstört und ratlos. Es gibt kleine Schritte, die der Einzelne tun kann. Plastikmüll vermeiden, Verpackungen ablehnen, mit eigenen wieder verwendbaren Gefäßen einkaufen gehen. Weg von Plastikflaschen, zurück zum Glas. Bei utopia.de finden sich 14 Tipps zum Leben mit weniger Plastik…
P.S.: Der Rückweg zum stationären Heim führt uns nach Übernachtungen am einsamen Lac de Lavaud und Molinet am Seitenkanal der Loire gen Gaggenau. Dort findet sich das Unimog-Museum. Dem statten wir noch einen Besuch ab, dann ist nach rund 6000 Kilometern in Frankreich, Spanien und Portugal in knapp sechs Wochen die Home Base wieder erreicht.