Als Stehpaddler war man vor rund einem Dutzend Jahren eine Rarität, besonders auf dem Main. Da konnte es passieren, dass man von dem Fotografen einer lokalen Zeitung entdeckt und abgelichtet wurde, und sich am nächsten Tag im örtlichen Blättchen wiederfand. Wir hatten kurz zuvor das Standup-Paddling, kurz SUP, bei einer Hawai’i-Reise kennen- und schätzengelernt, und nach Rückkehr prompt zwei Touring-Boards erworben.
Mittlerweile ist Standup-Paddling weit verbreitet und wird an allen kleineren und größeren Flüssen und Seen hierzulande, in Europa und sonst wo praktiziert. Selbst in einem beliebigen Low-Budget-Baumarkt kann man Low-Budget-SUPs neben Kinder-Planschbecken stehen sehen und erwerben. Surf-Schulen haben SUP-Kurse mit ins Angebot genommen; wahrscheinlich sind letztere besser frequentiert. Auch muss man nicht unbedingt ein eigenes Board besitzen; wo ein Kajak- oder Kanu-Verleih angesiedelt ist, kann man meist auch SUPs mieten.
Bei all den vielen Wüsten-Reisen in den vergangenen Jahren sind allerdings unsere Wasser-Aktivitäten stark zu kurz gekommen. Aber wenn andere Umstände es eben bedingen, dass man nicht in die große weite Welt hinausfahren kann, dann ist Deutschland und sogar die nähere hessische Umgebung durchaus ein Terrain, auf dem man Paddel-Reviere findet. Wo Kajaks & Kanus entlang können, können es auch SUPs – zumal sich aus den nahezu vortriebslos dahin dümpelnden SUP-Einsteigern mitunter Wasserwander-Freaks entwickeln, die ihren Kanu-Kollegen in nichts nachstehen und abenteuerlich lange Touren mit Camping-Übernachtungen unternehmen.
Und natürlich hat sich auch ein entsprechender üppiger Ausrüstungsmarkt entwickelt. Wir nutzen allerdings unser ohnehin vorhandenes Outdoor- & Amphibien-Equipment; und immer noch tun wir uns als Ex-Triathleten schwer, eine Schwimmweste anzulegen oder den Fuß per Leash mit dem Board zu verbinden. Wir können ja schwimmen und haben keine Angst vorm Wasser.
Trainingstouren auf hessischen Stauseen
Nachdem wir einige wackelige Übungskilometer auf dem Niddastausee bei Schotten absolviert und dabei den Wert einer Triple-Hubpumpe erfahren hatten (ein anderer SUP’ler war so freundlich, uns eine zu leihen, da wir mit unserer altertümlichen Einfachpumpe noch ein paar Stunden gebraucht hätten, um den Boards genügend Luft-Druck zu verschaffen), waren wir es leid, immer nur in kleinen Kreisen zu paddeln.
Wir packten die Boards in den VW Bulli und lenkten diesen gen Edersee. Am Kellerwald gelegen, kann man den immerhin einige Kilometer auf und ab paddeln; auch weht ab und zu ein kräftiger Wind, der mitunter kräftigen Muskeleinsatz fordert. Bulli & Besatzung fanden Platz auf einem kleinen Campingplatz in Seemitte auf der Halbinsel Scheid; und siehe da: noch mehr Stehpaddler! Mittlerweile offensichtlich eine Selbstverständlichkeit…
Drei Tage lang SUP-Training: Mit dem Ziel, im nächsten Jahr zum längeren Wasserwandern fähig zu sein, sahen wir den von der Trockenheit und Hitze arg geplagten Edersee vor allem als Übungsrevier zum (Wieder-)Aneignen diverser Paddeltechniken – und tatsächlich gab es zu Beginn einigen Frust, der sich erst nach einer längeren Yoga-Einheit auf dem Board legte. Danach waren Gefühl und Balance fürs Brett da…
… und so setzten wir das Training an einem der nächsten Wochenende auf dem näher gelegenen Gederner See fort. Der ist zwar ziemlich klein, hat aber den unerwarteten Vorteil, dass sein hinterer Teil sehr flach und morastig ist – so dass man vergnügt ins Wasser fallen kann, wenn man die unterschiedlichen SUP-Techniken des Paddelns, Drehens und Wendens, Auf-dem-Board-laufens, Draufkletterns von hinten oder der Seite u.a.m. übt.
Stehpaddel-Spätsommer?
So wie man Offroadfahren im Offroadpark stressfrei übt… Oder eben bei einem Sport eine gewisse Zeit mit (manchmal stumpfsinnigem) Technik-Training verbringt.
So, mittlerweile sind wir wieder ganz standfest auf den Boards, und haben gleich mal den Check auf dem Main unternommen – also einem Fließgewässer mit Schiffs- und Bootsverkehr und damit größerem Wellenschlag. Das wollten wir in dieser Paddel-Saison noch hinbekommen; mit etwas Glück gibt es noch ein wenig Stehpaddel-Vergnügen bei einem schönen Spätsommer bzw. Frühherbst. Und in der nächsten Saison werfen wir uns dann früher auf die Bretter – Ziel Bodensee-Umrundung.