Die Omandumba Gästefarm wird seit einigen wenigen Jahren von Deutschen (oder Deutschstämmigen) verwaltet; sie verfügen außerdem über eine Wohnung in Swakopmund. Wir drängen uns nie auf, aber wenn sich ein Gespräch entwickelt, führen wir es auch aktiv. Und wir sind immer neugierig, first-hand-experiences erzählt zu bekommen…
Und so erfahren wir – einmal mehr -, dass die Schwarzen Mitarbeiter eigentlich jeden Tag von neuem gesagt bekommen müssen, was sie zu tun haben. Dass während der Abwesenheit der Farm-Verwalter eine Liste am Kühlschrank hängt, die abgearbeitet werden muss. Keine Liste, keine Arbeit, hören wir. Eigenständiges Denken, auf die Zukunft ausgerichtet, kann von den Schwarzen Mitarbeiter:innen nicht erwartet werden. Oder einen Ablauf, der schon x-mal so-und-nicht-anders gewesen ist, einfach von selbst angehen. Hören wir.
Fatalismus und Epigenetik
Natürlich denkt man sofort: weißes Herren-Denken. Nur, die Verwalter machen nicht so einen Eindruck, überhaupt nicht. Und wir haben das schon so oft in Namibia wie Südafrika gehört. Die Geschichten sind anders, der Kern derselbe: Schwarze würden nicht perspektivisch, nicht eigenständig denken; sie müssten gesagt bekommen, was sie tun sollen, und wie sie es tun sollen. Egal, ob auf Campingplätzen, in Landwirtschaft oder Kfz-Werkstatt.
Gibt es eine Erklärung, außer: „Schwarze sind dümmer“? Die wäre eine zutiefst rassistische. Gibt es vielleicht einen epigenetischen Erklärungsansatz: Jahrhunderte von Versklavung (die übrigen mit arabischen Sklavenhändlern aus dem Norden anfängt, an die Schwarze Stammesführer gefangene Feinde oder auch mal ihre Landeskinder verkauften) und Kolonisierung haben in schwarzafrikanischen Menschen möglicherweise eine zutiefst fatalistische Einstellung epigenetisch verankert, nach der es immer Herren gibt, die machen was sie wollen, denen man ausgeliefert ist, und deren Zorn man nicht erregen sollte…
…und so macht man lieber gar nix als etwas falsch. Und nur genau das, was der „Sahib“, der Boss sagt. Wird das genetisch und/oder durch das Verhalten jeder Elterngeneration an ihre Kinder übertragen? Könnte das eine Erklärung sein, die nicht per se rassistisch ist?
Man kann sich beim Reisen sozialen Realitäten stellen – oder man kann es bleiben lassen. Man kann Reisen auf Fressen & Saufen reduzieren. Man kann Reisen auf den Genuss ferner Landschaften, Tiere und Pflanzen reduzieren. Man kann Reisen darauf reduzieren, mit all den Klischees nach Hause zu kommen, mit denen im Kopf man losgezogen ist. Viele Reisende tun genau Letzteres und belegen, dass Reisen nicht unbedingt bildet.
Erwerbsarbeit „Living Museum“
Aber zumindest der bildungsbürgerliche Ansatz mit Goethe & Humboldt im Hinterkopf lässt das nicht zu. Und das ist auch gut so. In der ersten Hälfte meines Arbeitslebens war ich Journalist – zumindest der Wunsch, zu verstehen, was vor Ort passiert, ist davon geblieben; und die Haltung, die Dinge erst einmal so anzunehmen, wie man sie vorfindet. Nicht gleich zu kommentieren, sondern erst einmal nur darzustellen.
Nahe Omandumba findet man auch ein Living Museum des San-Volks. „San“ nennen diese Menschen sich nicht selber, aber seitdem der Begriff „Bushmen“ als herabwürdigend gegeißelt wurde, heißen sie bei den Weißen eben San. Diejenigen, die im Living Museum arbeiten, tun dies – so erfahren wir – für ca. drei Monate. Dann kehren sie in ihre eigentliche Heimat irgendwo in der Kalahari zurück.
Kultur-Romantizismus für Touristen
Das Living Museum besteht also darin, dass eine extra dafür ausgebildete Truppe, die die Lebens- und Kulturtechniken ihrer Vorfahren in der San-Schule gelernt hat, sie weißen Touristen exemplarisch vorführt: Jagd, Gesang, Tanz, Schmuckanfertigung. Damit machen sie Geld. Immerhin müssen sie sich dafür nicht als ungelernte Hilfsarbeiter auf Farmen verdingen. Denn San, die nach alter Tradition leben, gibt es nicht mehr. Das Jagd-Verbot durch die namibische Regierung hat dafür gesorgt.
Die Omandumba-Campsite liegt ein paar Kilometer abseits des Farmgebäudes und des Living Museums. De einzelnen Campspots liegen wiederum hunderte von Metern, wenn nicht den einen oder anderen Kilometer, auseinander zwischen runden Felsen. Irgendwo dazwischen stellt man sein Fahrzeug ab, es gibt einen Braaii-Platz; viel mehr nicht.
(Auf eines der Bilder klicken, um eine größere Version zu sehen.)
Der Rest ist freie, wunderschöne Natur (aber anstelle diese zu beschreiben lasse ich lieber die voranstehenden Bilder sprechen). Jedenfalls: Viel „wilder“ geht es nicht, „Wildcamping“ kann nicht anders oder mehr sein. Wie meist an solchen Orten, gehen wir unsere Wildnis-Rituale durch, die wir in der Ausbildung als Coyote Teacher gelernt haben: Schauen, wer hier an Tieren, Bäumen, Pflanzen und Steinen lebt und sich diesen Nachbarn vorstellen.
Dies aus Gründen des Interesses, der Naturverbindung und auch aus pragmatischen Gründen: Die lokalen Spuren und Zeichen sagen einem etwas über die Zusammenhänge von den hier Lebenden – und Sterbenden. In der Natur ist alles vom Kreislauf des Fressens und Gefressenwerdens bestimmt. Und daher ist es gut, zu wissen, ob man ins Beuteschema der ein oder anderen Kreatur passt oder zumindest aufpassen sollte, ihr nicht in die Quere zu kommen.
Puffottern und Plumpsklos
Puffottern etwa, die es im südlichen Afrika nahezu überall gibt, reagieren sehr ungnädig, wenn man unvermittelt auf sie oder vor ihre Schnauze tritt. Ein Skorpionstich bringt allermeist keinen um, kann aber die kommenden Tage äußerst unerquicklich gestalten. Fährten oder Stoffwechselendprodukte von Hyänen sollten eine erhöhte Wachsamkeit nach sich ziehen… Plumpsklos sind auf solcherlei Campsites meist einige Meter abseits des eigentlichen Standplatzes; nachts kann der Weg dahin angesichts einiger dämmerungs- und nachtaktiver Räuber beunruhigend sein.
Wenn man seinen Nachtplatz verlässt, gehört es zum guten Benehmen, seinen Gastgebern etwas zurückzulassen: Wasser, Essensreste (Ratten werden in der Wildnis von ihren vielen Fressfeinden in Schach gehalten), Haare (manche Vögel nutzen sie zum Nestbau)… Jedes Wasser, dass wir nicht weiter nutzen können, geht an umstehende Akazien (die uns ja Schatten spenden).
Die menschlichen Gastgeber kriegen ja Geld.