Obwohl Omandumba zu denn very favorites zählt, führt uns der Zeitplan weiter zum Erongo Plateau Camp – eine andere Campsite, die wir unterwegs ansteuern wollten, erwies sich als gar nicht mehr existent. An einer weiteren, die nahe der kleinen Schotterpiste angezeigt wurde, sind wir vorbei gefahren.
Dabei folgt die interne Diskussion immer dem gleichen Schema: „Guck mal, das könnte interessant sein“ versus „wenn wir da jetzt entlang fahren, kann es noch 20 Kilometer enge, üble Piste dauern bis wir wissen, ob da eine Campsite wirklich existiert und in welchem Zustand sie ist. Ob jemand überhaupt da ist. Ob es uns da gefällt. Und wenn nicht, müssen wir den ganzen Weg zurück und weiterfahren… und dann beginnt es auch noch zu dämmern.“
Also immer eine Art Risikoabwägung: Geplantes Ziel ansteuern, das man zumindest aus den Beschreibungen anderer kennt. Oder Lust aufs völlig Unbekannte. Und dazwischen muss der Geist nun entscheiden, ob man kleinmütig & risikoscheu ist oder vernünftig & kontrolliert. Soll er der Stimme nachgeben, die nach Abenteuer ruft – oder der, die sich für Sicherheit ausspricht?
Von Omanduba zum Erongo Plateau Camp führt einen eine 35 Kilometer lange schlechte Piste. Graveltravel, wie man ihn nicht braucht. Und das Camp ist anders als gewohnt; es gibt keinerlei Rezeption vor Ort, sondern nur einen – Schwarzen – Caretaker. Die – weißen – Besitzer leben und arbeiten in Windhuk und sind per WhatsApp erreichbar.
The Caretaker
Mit dem Caretaker setzt sich das unangenehme Thema von Omandumba fort. Der Mann ist sehr nett, aber am nächsten Morgen wird er unseren Stellplatz samt Feuerstelle anfangen zu säubern, während wir noch beim Kaffee mittendrin sitzen. Ist ja nicht weiter schlimm – Standardspruch vor allem ortsansässiger Weißer: that’s Africa! Aber als die Besitzerin per Messenger fragt, wie’s läuft, kann ich mir die Antwort nicht verkneifen, dass wir uns ein wenig „hinausgekehrt“ vorkommen.
Sinngemäße Antwort: Tut mir sehr leid, aber wenn ich den Caretaker darauf hinweise, dass er mit dem Reinigen der Campsite erst beginnen soll, wenn alle Gäste abgereist sind, denkt er, er macht was falsch, kommt durcheinander – und macht gar nichts mehr. Ich glaube der Besitzerin, dass sie das ganze Was-wann-wie x-mal geduldig erklärt hat.
Puuuh.
Manchmal hilft vielleicht nur eine buddhistische Haltung: Die Dinge sind so wie sie sind, und am besten man nimmt sie einfach nur wahr, ohne jedes „judgement„.
Auf dem Erongo Plateau Camp mit seinem unfassbar weiten Blick ins Land treffen wir als einzige weitere Gäste ein nettes älteres britisches Paar, das mit einem imposanten Leih-Land Cruiser aufgefahren ist. Sie geben uns die Gelegenheit, das Karma deutscher Namibia-Besucher zu korrigieren: Vor uns waren zwei junge deutsche Party-Pärchen da, die die ganze Nacht Rambazamba gefeiert haben. Das kriegen selbstverständlich Angehörige jeder Nation hin, aber so können wir ausgleichen: Wir sind ruhig, still, zurückgezogen (aber nicht scheu).
Das ist ein weiteres aktuelles Dauer-Thema: Man kann so weit wie es nur geht in unberührte, stille Natur fahren – es ist niemals ausgeschlossen, dort eine wilde Ballermann-Bande vorzufinden, die an exotischer Stelle die Boomboxen krachen lässt. Zu oft erlebt, das.
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Ein Trost, dass etwa im 4x4community.co.za-Forum viele Wildnistour-Veteranen zu finden sind, die „such behaviour“ einfach nur „disgusting“ finden. Und die klipp & klar ausdrücken: Wenn du Lärm machen willst, dann bleib in deiner Stadt. In der Natur herrscht Stille; die Musik der Natur ist deren Geräusche – egal, ob von Wind, Wasser, Pavian oder Vogel…
Ein Geräusch, das uns weiter heimsucht, ist das des Donners; noch fern, aber die thunderstorms, die uns seit Beginn der Tour unablässig verfolgen, haben es auch bis ins Erongo geschafft. Noch dröhnt er fern, aber aus der Bewegung der Wolken am Himmel kann man schließen, dass der Wind uns das Gewitter zutreibt. Tatsächlich zieht es ganz knapp an uns vorbei, doch auch so sind die herabkrachenden Blitze mehr als beeindruckend – eine halbe Stunde verbringen wir im Faraday’schen Käfig namens Land Rover.
Tatsächlich hat man das Gefühl, dass auch Gewitter und Blitze in Afrika größer sind. Und die vielen, vielen zerborstenen und verbrannten Bäume gemahnen daran, dass diese Blitze auch den Boden erreichen.