Auf Reisen gibt es natürlich auch alltägliche Vorgänge, so was wie einen Haushalt; und wie man sich eben im Alltag um Einkauf und Versorgung zu kümmern hat, so gilt dies eben auch für den Reise-Alltag. Nur, dass Fahrzeug und Unterkunft nicht getrennt, sondern eins sind.
In Elisenheim spreche ich noch mit Andreas, dem Besitzer, über eine mögliche längerfristige Abstellmöglichkeit auf der Farm. Immerhin kann es ja doch mal sinnvoll sein, den Land Rover im namibischen Windhoek statt im 1500 Kilometer südlich gelegenen südafrikanischen Stellenbosch abzustellen.
Reise-Infrastruktur
Andreas zeigt mir die Garagen und versichert, dass nur er persönlich die vielen dort untergebrachten Geländecamper hin und her rangiert. Es wird sich natürlich auch um Batterieladung u.ä. gekümmert. Sieht gut aus. Zwischen der Südspitze Südafrikas (Kap Agulhas) und der Nordgrenze Namibias (Epupa Falls) liegen 2500 Kilometer und wenn man diese Region als sein vornehmliches Reiseziel auserkoren hat, liegt es nahe, eine Art „heimische“ Infrastruktur aufzubauen.
Danach erst mal zur Shell-Tankstelle in Lafrenz, dort mit dem Tankwart gebabbelt, die Reifen wieder auf Asphaltmaß aufgepumpt und Kühlflüssigkeit gekauft. Das klingt so banal wie es ist. Reise-Alltag eben.
Und somit beginnt die lange, eher eintönige Fahrt auf der B1 gen Stellenbosch – aber immerhin erreicht man die namibische Kalahari schnell. Kalkrand erweist sich als ein ödes Kaff. Es gibt viele Hitchhiker. Ich nehme eigentlich nie jemanden mit. Was mir durchaus leid tut; ich lasse niemanden gerne am Straßenrand stehen, der keine andere Möglichkeit hat, zu den nächsten Orten zu kommen.
Wahrscheinlich verpasse auch ich manch interessantes Gespräch, aber auch wenn mir vor einem einzelnen Menschen an Bord (selbst wenn er sich als bewaffnet erweisen könnte) nicht allzu bange ist (dazu vertraue ich meinem langjährigen Krav Maga-Training, gerade in „Car“-Szenarien, durchaus), so meide ich doch etwaige Komplikationen. Verzögerungen oder Umständlichkeiten kann ich nicht gebrauchen.
Die semiaride Kalahari-Wüstenlandschaft zieht in unterschiedlicher Ausprägung an den Fenstern vorbei, wie ein sich dynamisch änderndes Bild, das man unentwegt anstarrt. Natürlich bin ich in meinem Alter ein Kind US-amerikanischer Road Movies: Das Fahren alleine ohne Ablenkung mit bestenfalls trägem Gedankenfluss ist eine Art Meditation.
In Mariental lenke ich den Landy auf die Campsite einer Gästefarm. De Skuur ist eine aktive Farm, auf der landwirtschaftlich gearbeitet wird – das bringt gelegentlichen Traktorenlärm mit sich, zeigt aber auch typisches Farm-Leben. Die Stellplätze der Campsite sind sehr schön mit liebevollem Sinn fürs Detail ausgestattet. Was für ein Unterschied zu den heruntergewirtschafteten, vernachlässigten staatlichen NWR-Campsites.
Mit der Eignerin spreche ich länger – auch darüber. Und da kriege ich schon das Gefühl, dass man Schwarze Arbeiter auf einer gutgehenden privaten Gästefarm (meist weißer Besitzer) mit einem Besuch eher unterstützt als auf einer staatlichen mit Schwarzen Chefs (siehe -> Ai-Ais). Das lässt sich aber nicht objektivieren.
Kein anderer Gast da. Ein angenehmer Abend folgt.
Am nächsten Morgen kurve ich durch Mariental, entdecke den „Plek van die Vleisvreters“ (nichts für mich Veggie) und lege nach Keetmanshoop bzw. das Mesosaurus Fossil Camp ab. Was für eine gute Idee!
Erst rollt „Nr. 5“ über eine alte und eine neue und eine alte Asphaltstraße, und dann auf der besten Gravelpad überhaupt. Das Mesosaurus Fossil Camp von Gil scheint sich seit den vergangenen fünf Jahren nicht verändert zu haben. (-> Mesosaurus Fossil Camp) Ich bau‘ mich unter einem riesigen Webervogel-Nest in einem Akazienbaum auf.
Das Mesosaurus Fossil Camp ist relativ bekannt, so darf es nicht wundern, dass leider später ein Beep-Beep-Auto mit drei Deutschen einschwenkt – solche erkannt man allzu meist daran, dass sie nicht freundlich grüßen können und griesgrämig gucken. Würde einem mit Südafrikanern nie passieren. Das dickliche Weibchen quatscht ununterbrochen anstelle der einmaligen Landschaft mit den Köcherbäumen die ihr zustehende Ehre zu erweisen (das allerdings kann einem mit Südafrikanern auch passieren). „Beep-Beep“ macht die Hecktür des Miet-Hilux, wenn sie auf- und zuschwingt.
Tür auf, Tür zu: beep-beep. Meine Camp-Nachbarn sind also Blah-Blahs in einem Beep-Beep. Also treibe ich mich lieber alleine oben auf dem dicht mit Kokerboome bestandenen Hangrücken herum; Gils Sohn hatte mir zwischenzeitlich erzählt, dass Camper ein Feuer im Bushgras (zu sehen auf den letzten beiden Fotos der vorstehenden Bildergalerie; dieses zähe, borstige, unverwüstliche Gestrüpp verehre ich sehr) verursacht haben – und seither bedauerlicherweise kein Campspot mehr möglich ist.
Auch das passt ins Beep-Beep-Bild: Zuviele Newbies in Namibia unterwegs, die die Outdoor-Regeln nicht kennen oder nicht beachten. Wie weit muss man ins Nichts fahren, um davon verschont zu bleiben? Aber, andererseits: Wunderbar mit den Webervögeln zu Abend gegessen – als Coyote Teacher (zu deutsch: Wildnispädagoge) versucht man eine intensive & intuitve Naturverbindung aufzubauen. Wenn es gelingt, erlebt man die Natur aus sich heraus – und das kann kein Geld bezahlen und kein noch so teures Objektiv fotografieren.
P.S.: Klar, die beste Idee ist: Nicht zu den Touri-Hotspots fahren. Und was man dann entdeckt, für sich behalten.
P.P.S.: Und, nein: Ich sehe das nicht alleine so. Das südafrikanische 4x4community-Forum wimmelt nur so von Beiträgen, in denen über das ungebührliche Betragen in der Natur gelästert wird. Vermutlich sind die Autoren alle old grumpies – wie ich. ;-)