Um 6 Uhr raus und ins Veld: Der Sonnenaufgang taucht die Köcherbäume in ein besonderes Licht, und das will eingefangen sein. Die Ihren Namen verdanken die Aloe-Abkömmlinge dem Umstand, dass ihre Äste von den San als Köcher für ihre Pfeile genutzt worden sein sollen. Nördlich von Keetsmanhoop – also da, wo ich mich gerade befinde – lebt eine besonders große Anzahl.
Lebt noch – denn der Klimawandel und die damit einhergehende größere Hitze macht selbst diesen auf Wassermangel ausgerichteten Überlebenskünstlern schwer zu schaffen. Sie versuchen sich zu retten – Studien haben gezeigt, dass sie weiter nach Süden, in etwas kühlere Regionen wandern. Doch freilich ist das Tempo durch Samenflug sehr langsam. Und so scheinen die Köcherbäume den Wettlauf gegen die Zeit zu verlieren.
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Zeit, aufzubrechen – am Vorabend sind spät junge Deutsche angekommen, die ungerührt und ungeübt ihre Dachzelte lautstark aufgebaut haben. Sie erweisen sich als weiß-schwabbelige Männlein wie Weiblein. Unten an der Rezeption treffen zwei weitere Beep-Beeps ein, einmal Hilux, einmal Landcruiser. Möglicherweise sind auch diese Namibia-Newbies nicht sehr routiniert, denn eine Dame mit eher USA-Akzent spricht mich an und fragt, was zu tun sei, wenn die Rezeption geschlossen ist… und ob man etwa die drei Kilometer zum Bushcamp laufen solle?
Puh.
Ok, jede/r fängt mal irgendwie irgendwas an. Das Gute an diesen Situationen ist, zu merken, dass man mittlerweile viel weiter ist – also etwas gelernt hat. Es geht weniger darum, sich über andere zu erheben. Sondern, dass man den eigenen entwickelten Routinen vertrauen darf. Wenn man es Begriffen des Krav Maga-Ranking ausdrückt: Wir sind nicht mehr Practicioner, sondern Graduates – aber noch nicht Experts).
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Da die beiden geflickten Reifen der Hinterachse wieder etwas Luft verloren haben, pumpe ich zumindest den rechten hinteren auf – obwohl der doch eigentlich am besten repariert sein sollte. Auf der glattesten Piste Namibias geht es nach Keetmanshoop. Später lasse ich dann an einer Puma-Station die Reifen komplett auf Asphalt-Standard bringen.
Langweilig ist die B1 ganz und gar nicht: Der Belag ist an den Rändern zerfressen und die Straße eher eine Landstraße wie man sie im hessischen Vogelsberg vorfindet. Nur ist die vorbeiziehende Landschaft eben Kalahari – je weiter man gen Süden runterfährt, desto niedriger werden die Gewächse. Wie im Lehrbuch: von kleinen Bäumen und Sträuchern zu Dornbuschsavanne zu diesen harschen, kleinen Graspuscheln…
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Amanzi ist eine Campsite nahe an der südafrikanisch-namibischen Grenze und liegt superb direkt am Orange River! Ich bin fast alleine da. Fast: Direkt über dem aufgeklappten Zeltdach von Nr. 5 residiert eine große Eule im Baum! Näher betrachtet: Spotted Eagle-Owl.
Eine ruhige Nacht am träge dahin ziehenden Fluss folgt, bei der noch nicht einmal der laufende Dieselgenerator stört.
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Um 6 Uhr wache ich auf, die Dämmerung ist da,… ich stehe auf und höre… das Wuh-Wuh der Eule! Und da sitzt sie schemenhaft wahrnehmbar – direkt gegenüber auf einem der Pfosten der Nachbar-Campsite! Fliegt aber weg, obwohl ich mich sehr langsam bewege. Aber, pure Magie am frühen Morgen!
Später sitzt sie auf einem hohen Ast des Baumes nebenan und guckt. Das bleibt auch fast den ganzen Tag so. Das tut sie häufig, erklärt mir die Managerin von Amanzi; auf ihre Art sei die Eule geradezu zutraulich und an den Besuchern interessiert. Für einen WIldnispädagogen bedeutet das natürlich umso mehr: happy day!
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Ich beschließe folglich, einen very lazy river day einzulegen. Eule und Enten, der träge Fluss, die Sandsteinfelsen bilden ein hinreißendes Konglomerat. Für das Manager-Ehepaar freilich nicht ohne Tücken: Sie haben in den vergangenen wenigen Monaten und Jahren schon drei Überflutungen mit den entsprechenden Schäden und daraus folgenden Kosten erlebt. Aber der Menschenschlag dortzulande ist zäh & ausdauernd, jammert selten und verfährt immer nach dem Motto: always make a plan.
Und, Yippie!, bislang keine Beep-Beeps.
P.S.: An einer Tankstelle hatte ich eine namibische Zeitung gekauft. Die Lektüre des „Namibian“ hilft den Blick durch die eigene Brille zu korrigieren und besser zu verstehen, warum im (nicht nur) südlichen Afrika viele Menschen anders als wir auf die westliche Hegemonie und deren Bröckeln schauen – Russland & China sind da keineswegs die bösen Buben, weil das westliche Verfechten von Demokratie & Menschenrechten häufig nie etwas anders als ein Deckmantel für den Anspruch des Westens gewesen ist, Bodenschätze & Arbeitskräfte Afrikas zu eigenem Nutzen ausbeuten zu können.
Man muss diese Blickweise nicht teilen, aber zumindest verstehen bzw nachvollziehen können. Jedenfalls sind wir nicht unbedingt die uneigennützigen honorigen Heilsbringer als die wir uns meist selbst sehen.