Schnell zu Nr. 5, schnell nach Oasis weiter. Die Lufthansa-Maschine aus Frankfurt landet nach ihrem Nachtflug morgens in Kapstadt, das Prozedere rund um Reisepass & PCR-Test vollzieht sich flugs; dann sitze ich schon in einem Uber-Fahrzeug ohne Uber.
Clevere junge Männer warten am Ausgang des internationalen Flughafens, halten ein „Uber“-Schild hoch; als ich einem von ihnen meine Uber-App und den dort genannten Preis zeige, willigt er sofort ein, mich für diesen nach Stellenbosch zu chauffieren. Die formelle Uber-Buchung über das Smartphone bleibt aus, das Geld wandert in die Hosentasche des Fahrers. Sein Auto ist modern und in bestem Zustand; er fährt ruhig und gewissenhaft.
Sicher erreichen wir die „Mette’s Electrical“ – die Werkstatt in Stellenbosch, wo mein Land Rover steht. Vor Ort alles bestens: Der Fahrer versucht nicht nachzuverhandeln. Werkstattmeister Henk wartet schon, der Schlüssel steckt im Zündschloss…
Eine Tour, die ohne zum Professionellen tendierendes Equipment auskommt: Mein Multimedia-Backpack mit der Canon 5DMkII, hochwertigen Objektiven, Mikrofonen etc. aus meinen Tagen als Online-Redakteur liegt seit meinem Ausscheiden bei der “Frankfurter Rundschau” vor rund zehn Jahren in der Ecke. Auch meine aktuelle Reisekamera, eine Sony a6000 mit 18-200mm-Objektiv, lasse ich daheim. Mit dabei sind meine beiden Smartphones - ein Fairphone FP3 und ein Caterpillar CAT S60 - sowie die Sony-Lens DSC-QX10. Dazu eine Canon Powershot G5X und ein Microsoft Surface Go-Tablet. Ein sehr kompaktes Equipment, dass bequem in eine Umhängetasche passt.
… es kann zu einem neuen Ritt losgehen, nachdem wir im Januar erst in der Tankwa Karoo liegen geblieben sind. Von Stellenbosch führt die Asphaltstraße gen Ceres an Tulbagh vorbei. Der Bainskloofpass ist immer noch wegen Bauarbeiten gesperrt. Erst jenseits vom Dorp op die Berg beginnt die Gravelroad. Die Cederberg Mountains („Zederberge“) gelten als Leopard Country… doch die Siedlungsdichte der Raubkatze ist gering, ihre Größe gegenüber ihren Savannen-Verwandten auch.
Von Stellenbosch führt die Asphaltstraße gen Ceres an Tulbagh vorbei. Der Bainskloofpass ist immer noch wegen Bauarbeiten gesperrt. Erst jenseits vom Dorp op die Berg beginnt die Gravelroad. Die Cederberg Mountains („Zederberge“) gelten als Leopard Country… doch die Siedlungsdichte der Raubkatze ist gering, ihre Größe gegenüber ihren Savannen-Verwandten auch.
Verfahren kann man sich nicht; einfach der Gravelroad folgen, dann gelangt man zur rustikalen „Cederberg Oasis“-Campsite, die eher nicht zum Spektrum weingutseliger Luxurylodgehopper aus „Traumreiseland Südafrika“-Facebookgruppen zählt… Die grob gezimmerte „Oasis“-Bar verfügt über ein Dach, Tische und Stühle, aber nicht über Wände. Einmal mehr: In Afrika lebt man draußen.
Pflanzerlfleisch im Metzgerparadies
Die Bar ist gleichermaßen Kneipe wie Restaurant und serviert wird überwiegend Herzhaftes aus totem gehäckseltem Tier. Aber auch bis hierher ist die Kunde von feinsinnigen Kapstädtern (oder europäischen Touristen) gedrungen, und so kann ich einen passablen Veggie-Burger mit Pommes bestellen. Chantal, die Chefin, bereitet ihn persönlich zu.
Sie lächelt: Im südlichen Afrika hält man seit den Jägern und Sammlern der San, die historisch für sehr lange Zeit die Region als erste und einzige besiedelten, den Fleischverzehr für eine gottgegebene Selbstverständlichkeit. Egal, wer da Gott wie gesehen hat. Da gelten Vegetarier oder gar Veganer als allenfalls… skurril.
Dies ist eine Fotostory - eine Geschichte, die auch in Bildern erzählt wird. Daher auf die Bilder in der Galerie klicken, um eine größere Version mit den erläuternden & erzählenden Bildunterschriften zu sehen...->
Nachts zuvor sieht eine gesellige Runde südafrikanischer Männer mit Begeisterung einem Rennen der Motorrad-WM auf dem riesigen Flachbildschirm in der “Oasis”-Bar zu – die Atmosphäre gleicht derer eines Campingplatzes in Spanien während einer Fußball-WM. Die Bar ist der „Oasis“-Treffpunkt und man trifft dort spannende Menschen.
Südafrikaner sind überwiegend freundlich und kontaktfreudig. Man kommt an niemandem ohne Winken oder ein „How are you?“ vorbei. Und in einer Bar voll mit fellow travellern geht es beim Windhoek Lager oder Tafel Lager, gegebenfalls auch Castle Light oder Savannah Light immer ums „Woher“ und „Wohin“ oder „Womit“. Das Rig von Nr. 5 erfährt nicht zum ersten Mal lobende Anerkennung.
Spannende Bar-Bekanntschaften
Mit Peter, einem ehemaligen Piloten und Flugzeugmechaniker der südafrikanischen Armee, unterhalte ich mich einen Abend lang über Flugboote und andere Flugzeuge; der ein oder andere Schlenker zu Kriegen, die die südafrikanische Armee gefochten hat, bleibt nicht aus. Auch nicht die Bemerkung, dass die frühere SADF mit den Kopfabschneidern, die sich im angrenzenden Mozambique ausbreiteten, kurzen Prozess gemacht haben würde. Auch nicht die Bemerkung, dass genau das jetzt passieren müsste, bevor noch mehr wehrlose Zivilisten massakriert würden.
Ähnlich sieht das tags darauf Matej, ein gebürtiger Slowene, der seit mehr als zehn Jahren in Kapstadt lebt und gewiss seinen Lebensmittelpunkt dort inmitten einer lebendigen, kreativen Szene aus vielen Menschen aus vielen Kulturen sieht. Wie Peter zeigt er sich tief besorgt über die Vorfälle, die Furcht vor einem Flächenbrand islamistisch-terroristischer Angriffe wie etwa in Nigeria scheint groß: „It has to stopp immediately!“ – das ist auch ein Appell an die internationale Gemeinschaft.
Tour-Guide ohne Touristen
Freilich dreht sich die Unterhaltung überwiegend um seine Motorrad-Solo-Reisen im südlichen Afrika bis hin nach Tanzania; vom Zelten nahe Löwen, Leoparden und Hyänen. Er berichtet von seinen demgegenüber langweiligen Erlebnissen als Tour-Guide, seinem wegen der Pandemie eingebrochenem Geschäft und mögliche Perspektiven für einen 51-Jährigen, dem nicht viel Zeit bleibt, von nahezu Null an ein neues (Qualitäts-Wildnistouren für Gutverdiener?) zu einer Entwicklungsreife zu bringen, dass er sich davon ernähren kann.
Seine Ersparnisse sind aufgezehrt; es ist ihm sichtlich peinlich, dass er mich nicht einmal zu einem Kaffee einladen kann. Er muss mit jedem Rand rechnen. Staatliche Hilfen in Pandemie-Zeiten? Gibt es nicht… Nicht allzuviele Kilometer weiter das Kontrastprogramm zu „Oasis“ in Form der Kromrivier Cederberg Park-Liegenschaft. Allein ein Vergleich der Homepages von „Kromrivier“ und „Oasis“ gibt ausreichend Auskunft über Ausstattung & Atmosphäre der beiden Orte.
Von Kapstadt aus sind es – unter südafrikanischen Verhältnissen – leichte 250 Kilometer bis Kromrivier. Südafrikanische Familien nehmen am Wochenende gerne Reißaus, erst recht unter den Pandemie-Belastungen. Hierzulande wie dort gilt: Nichts wie weg aus den Städten in die Natur (oder das, was dafür gehalten wird) – aber nicht in die Wildnis.
Ein früherer Freund, in den 70er bis 80er Jahren als Typus „langhaariger Gammler“ (zumindest so in gutbürgerlichen Kreisen tituliert) unterwegs, pflegte sich über einen Spruch seiner Mutter aufzuregen: „Ich habe nichts gegen lange Haare, aber gepflegt müssen sie sein!“ – so in etwa ist es um das Verhältnis des Kapstadtbürgers zur umgebenden Natur bestellt. (Groß-)Gästefarmen wie Kromrivier haben sich auf diese Kundschaft eingestellt.
Das edle Restaurant & die eigene Weinproduktion, schicke Chalets & eine geordnete Campsite, auf denen jede Parzelle über ihren eigenen Ablution Block verfügt, zeugen davon. Weder für die Chalets noch für die Campsite braucht man ein Fahrzeug oder Fähigkeiten zur Selbstversorgung. Alles wird bereitgestellt; die Schotterpiste bis Kromrivier schafft man – egal ob von Norden oder Süden kommend – auch mit einem VW Polo.
Das sollte wissen, wer Ruhe sucht. Er wird sie in Kromrivier auf der Campsite kaum finden. Familien-Braai in gut gelaunter Geselligkeit ist etwas Schönes; gut möglich, dass man sogar dazu eingeladen wird, wenn die solitäre Existenz Mitleid der freundlichen Parzellen-Nachbarn bei Wein und/oder Bier erregt. Auch ambitionierte Wanderer, die den Trail hin zum Wolfberg Arch morgens um 5 Uhr angehen, lassen die Schläfer ringsum an ihrer Fröhlichkeit mit Freuden lachlautstark & autotürklappend teilhaben.
Hygiene und Hyäne
„Nr. 5“ ist ein Fernreisemobil mit beträchtlichen Ressourcen zur infrastruktur-unabhängigen Eigenversorgung. Mir wird klar, dass ich mit diesem weiter weg und tiefer in den abgelegenen Busch muss, um den Wochenendausflüglern zu entfliehen. Merke: Je einfacher zu erreichen und je besser ausgestattet, desto No-Go. Je mehr Bush Camp mit einem Donnerbalken als Klo und nichts weiter, desto besser. Viel Dreck und mangelnde Hygiene schrecken mehr ab als jede Hyäne.
Immerhin: Auf einer rund 15 Kilometer langen Wanderung rund um Kromrivier bin ich bei mittäglichen 35 Grad Hitze alleine. Gelegentlich verliert sich der nicht markierte Weg (den mir meine Tracks4Africa-Karte auf dem Garmin-Navi zeigt) zwischen Felsen und dornigen Büschen, führt über einen Stacheldrahtzaun ins unübersichtliche Gestrüpp, in dem möglicherweise die ein oder andere Puffotter vor lauter Siesta den Herannahenden nicht wahrnimmt. (Gift-)Schlangen attackieren Menschen selten, reagieren aber vergrätzt, wenn jemand unversehens auf sie tritt.
Draußen nur lange Hosen
Um das zu vermeiden, muss man sie natürlich sehen bzw. sich bemerkbar machen können… Also: Nie wieder in kurzen Hosen und ohne Wanderstock in den Busch! Nicht nur wegen eventueller Schlangen, sondern alleine schon wegen der spießigen Pflanzen überall, die einem die Waden zerkratzen.
Lange Hosen und langärmlige Hemden werden einem allenthalben empfohlen – sie schützen nicht nur vor den allgegenwärtigen Dornen, sondern ebenso vor Insekten und der Sonne. Shorts und Flip-Flops kann man noch zu Genüge auf der Campsite und rund ums Lagerfeuer tragen…