Was willst du denn an deinem 60. Geburtstag machen? Hat Ehefrau und Fellow Traveller Beate gefragt. Noch einmal nach Namibia, lautete die Antwort, also meine. Im Januar erst waren wir zu unserem Erstling in der früheren deutschen Kolonie gewesen (siehe hier… und hier… und hier… und hier… und hier… und hier…)
Na denn, noch mal.
Namibia-Kundige wissen, dass man nach dem langen Übernachtflug von Frankfurt nach Windhoek nicht übernächtigt ins (Miet-) Auto steigen und hunderte Kilometer Schotterpiste angehen soll: Da sind tatsächlich schon viele Touristen, die ihr Können und ihre Kenntnisse, was ein allradgetriebenes Fahrzeug und was nicht, überschätzt haben, nicht mehr nach Hause gekommen.
Beim Automieter gibt es Windhoek eine traurige Toten-Tafel an der Wand – und auf die, die es leicht oder schwer verletzt überlebt haben, kamen saftige Rechnungen für zerstörte Fahrzeuge zu. An Bord der Autos sind GPS-Recorder, die gnadenlos aufzeichnen und Insassen wie Vermietern vermelden, wer sich an die rigorosen Tempolimits nicht hält.
Obwohl (oder gerade) wir mittlerweile erfahrene Offroad-Piloten sind, halten wir also den Ball flach: Vom in Windhoek ansässigen Kfz-Vermieter übernehmen wir einen Toyota Hilux mit Dachzelt und nehmen die Asphaltstraße gen Osten, wieder am Hosea Kutako-Airport vorbei, gen Gobabis. Die erste Übernachtung haben wir in der Okambara Elephant Lodge gebucht; nur 150 Kilometer entfernt, und offensichtlich reich mit großen und kleinen Wildtieren gesegnet – der Name ist Programm.
Auf dem Wege verlassen wir die B6 frühzeitig und biegen auf eine Schotterpiste ein: Wir wollen einen Abstecher zu Arnhem-Höhle machen, die als sehenswert gilt… u.a. wegen der in ihr wohnenden Fledermäuse. So viel Zeit muss sein. Als wir an der Arnhem Lodge ankommen, ist da – niemand. Es dauert eine Weile, bis sich ein einsamer Arbeiter von seiner Überraschung erholt hat und aus einem Bretterverschlag auf uns zusteuert. Viel englisch spricht er nicht, aber die Höhle – ja klar, wir können hinfahren.
Na denn. Freilich hat er nicht gesagt, dass sich die Sandpiste abrupt in eine steile Bergauffahrt wandelt – und die ist wahrhaftig off-road, eng, holprig, nur aus runden Felsen bestehend, mit Abbruchkanten, steinigen Verwerfungen… und, ja: Wir sind so schnell in diese Passage eingestiegen, dass ich gar nicht dazu kam, den Vorderradantrieb zuzuschalten. Alle Achtung, denken da Fahrer & Beifahrerin, dass der Hilux das so abkann!
Wir rödeln also nur hinterachsengetrieben da hoch, auch die Bodenfreiheit scheint zu reichen, jedenfalls ist kein kratzendes oder krachendes Geräusch zu hören; dabei gilt es auch noch an dornbewehrten Sträuchern und spitzen Felsen am Rand vorbeizumanövrieren. Dass wir gleich am allerersten Tag das Fahrzeug ruinieren und die Kaution riskieren würden, hatte ich nun nicht erwartet.
Die Höhle ist dunkel, stickig, stinkig, Fledermäuse flattern rum, hängen kopfüber runter oder liegen in verschiedenen Verwesungsstadien auf dem staubigen Boden rum. Der Guide stapft vorweg, hat sich meine moderne LED-Taschenlampe angeeignet, die seiner alten Grubenlampe deutlich überlegen zeigt; und man fragt sich immer in Momenten wie diesen, was wohl los ist, wenn der Ortskundige sich samt Taschenlampe in den verwinkelten Gängen der Höhle von dannen machen würde… immerhin gilt sie mit 4,5 Kilometern als längste Namibias. Klaustrophobie wäre jetzt nicht angesagt.
Wir holpern nach dem Besuch der Höhle wieder im Hilux hinab und steuern dann unser eigentliches Übernachtungsziel an. Die Okambara Elephant Lodge bzw. ihre Ländereien sind riesig – drei Farmen von ca. 5000 Hektar (typisches namibisches Farm-Größenmaß) wurden vom Besitzer zusammengekauft… und sie beherbergt ein reichhaltiges Wildlife.
Man wird sehr freundlich von sowohl sehr jungen wie sehr hübschen Praktikantinnen aus Deutschland begrüßt und in die Örtlichkeiten eingewiesen. Sehr schnell fühlt sich die Lodge sehr familiär an; zum Abendessen werden die Gäste an den Tischen zusammen platziert und so werden alsbald Reise-Geschichten – nach dem Dinner fortgesetzt am Lagerfeuer draußen – ausgetauscht. Einige der Gäste erweisen sich als (Trophäen-)Jäger, und das wird der einzige Wermutstropfen in Okambara bleiben.
Denn dass Okambara offensichtlich nicht schlecht in schwierigen Zeiten damit überlebt, einen Teil der Wildbestände zum Abschuss freizugeben, gehört auch zu dieser Reise-Geschichte. Aber die erzähle ich an anderer Stelle weiter… Wir treffen gerade rechtzeitig zur Fütterung von Karakal, Leo- und Geparden ein, die von der Okambara-Crew gehegt und gepflegt werden – weil sie es „draußen“ aus verschiedenen Gründen nicht mehr schaffen würden.
Okambara verfügt über keine Campsite, auf der wir das Dachzelt unseres Hilux hätten aufschlagen können, sondern wir beziehen Quartier in einem der Chalets. Wir rücken zu einer Wanderung aus; Jagdführer Louis ruft uns beim Abmarsch noch hinterher, dass „da oben“ Leopardenspuren gesichtet worden seien – aber dass wir uns deswegen keine allzu großen Sorgen machen müssten. Freilich finden wir die ausgehöhlten Kadaver eines Kudus und eines Zebras (siehe Bilder) – und ob die von tierischen Beutegreifern oder menschlichen Schießwütigen attackiert wurden, lässt sich nicht mehr feststellen.
Wir lernen „Papa“, den vor- und aberwitzigen Papagei, kennen, den Louis mit Hilfe eines Metzger-Handschuhs gezähmt hat – der Schnabel knackt einen menschlichen Finger lässig… Am nächsten Tag rücken wir zu einem Game Drive aus, der uns mit Teilen der Cabin Crew unseres Condor-Flugs in einer vergnügten Runde zusammen- und mit Nashörner und Elefanten auf Horn- & Rüssel-Nähe bringt und die scheinbar endlose Weite der Okambara Farm spüren lässt.
So viele Tiere! So nahe! Diese Namibia-Reise beginnt wahrlich mit einem Highlight. Wir sind so begeistert, dass wir noch bei der Abfahrt beschließen, die letzte Übernachtung vor dem Rückflug wieder in Okambara zu verbringen. Zumal Jagdführer Louis sich als bekennender Land Rover-Fan outet – und ab diesem Moment haben wir viel gemeinsamen Redestoff.