Zur Kalahari hoch geht es einmal quer durch die Karoo, typisch semi-aride Gebiete zwischen Dornstrauchsavanne und Halbwüste. Südafrikaner legen Europäern gerne die Gardenroute ans Herz, nicht nur wegen des Weines, sondern weil es da „so schön grün“ ist. Wenn drei Viertel des Landes trocken liegen, mag man das verstehen. Wenn man Schwarzwald, Spessart und Vogelsberg kennt, zieht es einen eher dahin, wo Beige-, Khaki-, Ocker-Farbtöne dominieren.
Der Camdeboo National Park bei Graaff-Reinet liegt mitten in der Karoo und ist an sich nicht einer der spektakulärsten; wäre da nicht das Valley of Desolation mit seinen imposanten Felsformationen. Die Campsite liegt ein Dutzend Kilometer entfernt. Wir erwischen einen der besten Stellplätze nahe des Ausgucks ins weite Land und verlegen das Abendessen auf diesen hinauf.
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Vor dem Ausguck ziehen Springboks und andere Antilopen vorbei, Besuch bekommen wir von ein paar Vervet Monkeys – selbst für Tierfreunde nach den Pavianen die ärgste Plage im ganzen Land. Freilich: Je weiter drin platteland desto wilder, desto weniger an Touristen und ihr ärgerliches Fütterverhalten gewohnt, desto distanzierter, desto harmloser.
Zum Tal der Trostlosigkeit geht es asphaltiert hoch hinauf, man kann dort auf dem Lizard Trail eine ganz schöne Rundwanderung unternehmen. Der Wikipedia ist zu entnehmen, dass es in Graaff-Reinet 200 Baudenkmäler, meist im kapholländischen oder viktorianischen Stil, gibt – und deswegen war es wohl ein Fehler, dran vorbeizufahren auf dem Weg gen Norden. Murraysburg wirkt trostlos, Loxton noch viel mehr, in Victoria-West steigt Biti zum Einkaufen aus, während ich im von unaggressiven Bettelkindern umstellten Land Rover vor dem Supermarkt die Stellung halte.
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Auf Schotterpisten in der Karoo unterwegs zu sein, bedeutet an dem Symbol der Karoo schlechthin vorbeizufahren: eine Windpumpe nach der anderen. Heutzutage wieder modern, hat sie die Halbwüste erst nutzbar gemacht – für die Schafzucht vor allem. Und insofern ist sie mit den weißen Siedlern/Kolonisten untrennbar verbunden. In der Nähe von Carnavon suchen wir nach einem Nachtplatz und finden ihn auf der Joosteswerwe Guest Farm.
Die ist 60 Kilometer Schotterpiste entfernt; das sind Distanzen, mit denen man rechnen muss und die nach Maßstäben des südlichen Afrikas „um die Ecke gelegen“ bedeuten. Ebenso typisch: Wenn man die Straße (Schotterpisten gelten in Südafrika als normale Straße und nicht als off-road) beim Abzweig verlässt, heißt das nicht, dass der Hof gleich vor einem liegt. Das ist sieben farmgates und zehn Kilometer weiter der Fall. Schafe und zwei Pferde („Thunder“ und „Lightning“) begrüßen uns und dann erst Tochter, dann Bruder und schließlich Vater der Farm – eine liebenswerte Familie, bei der wir uns bestens aufgehoben fühlten und mit denen wir einige Gespräche über das Leben hier und dort führten.
Wir bleiben einen Tag auf der Farm, dann hat uns die gravelroad wieder, Grüße von windpompies am Straßenrand inbegriffen. Durch die endlose Weite der Karoo schnurgerade gen Horizont. So muss Karoo sein, anspruchsloses shrub links und rechts, so muss Dornstrauchsavanne oder Halbwüste sein. Irgendwann mal, nach hunderten von Kilometern, wechselt das Landschaftsbild zu schwarz-braunen Steinen.
Einige zu öffnende und schließende farmgates weiter („Mak hek toe!“ – wer friesisch versteht, versteht auch afrikaans!), weiß die Beifahrerin, wofür sie gut ist – und wir nähern uns der sagenhaften Salzpfanne Verneukpan. Wo wir schon mal waren (-> Augrabies & Verneukpan): Statt einem lebenslustigen Schweizer aus Knysna treffen wir diesmal am skurrilsten Ort, an dem wir jemals waren, eine Bande trinkfestiger Biker, die gleichwohl ihre Zelte freundlich so weit entfernt aufschlagen, dass die Burschen ums Lagerfeuer nicht mehr im heulenden Nachtwind zu hören sind.