Der Flug mit der Lufthansa ist kaum zu ertragen; die einstige deutsche Renommier-Fluggesellschaft ist allen Ernstes auf die Idee gekommen, dünnere Sitzpolster in der Economy-Klasse als „Gewinn an Beinfreiheit“ zu verkaufen. Glaubt da irgendwer in deren Marketing-Abteilung, dass das ihr die Kunden nicht irgendwann heimzahlen werden? D.h., eine andere Airline be-zahlen?
Nach den üblichen zwölf Stunden in der fliegenden Blechbüchse – hinter mir sitzt ein Dauerredner, der es bis 2 Uhr früh schafft, seine frisch kennengelernte Sitznachbarin (und nicht nur die) wach zu halten – empfängt uns ein freundlicher und gut aufgelegter Uber-Fahrer, der aus Zimbabwe stammt und die xenophoben Aktivisten der „Operation Dudula“ ( -> Deutsche Welle: Südafrikas massives Problem mit Ausländerfeindlichkeit) für „Loser“ hält, weil diese nicht willens oder fähig seien, ein eigenes kleines Geschäft auf die Beine zu stellen… Willkommen in Südafrika, wo sich die Spaltung der Gesellschaft nicht nur auf Weiß und Schwarz generell bezieht, sondern auch auf Weiß untereinander (britische vs. holländische Vorfahren) und Schwarz untereinander (in Südafrika Geborene vs. aus den Nachbarländern Stammende).
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Aber über Touristen freuen sich alle, denn die bringen Geld ins Land; und das ist nach den Jahren der Corona-Pandemie für viele Berufszweige wichtiger denn je. Wir beziehen in Stellenbosch ein kleines Cottage, das ans Haupthaus unseres verdienten & verläßlichen Landy-Schraubers angebaut ist und genießen den weiten Blick über die Felder zu den Bergen. Beim abendlichen Bier am Straßenrand besteht die Gelegenheit zu beobachten, dass es immer jemanden gibt, der Stereotypen erfolgreich bestätigt: Da parkt ein Ferrari Cabriolet auf dem Behindertenparkplatz, am Steuer ein ziemlich alter weißer Mann, neben ihm eine ziemlich junge schwarze Frau; und er lässt sein Luxusgefährt ziemlich lange im Leerlauf röhren, bevor er losfährt…
Ein neuer Kühlschrank wird in unseren Land Rover eingebaut, ein paar Ausrüstungs- und Ausstattungsgegenstände ergänzt, sowie Lebensmittel eingekauft. Da wir an einem Wochenende angekommen sind, wollen wir Freunde & Bekannte besuchen und verlängern den Aufenthalt etwas und legen erst am Dienstag gen Norden ab. Auf Asphalt westlich an Cederberg vorbei durchfahren wir ein Stück Karoo. Links und rechts reiht sich Grasbüschel an Grasbüschel. Später rundliche Felsblöcke rundherum. Oder auch viel nichts.
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Bis Kamieskroon im Nordkap: Dort übernachten wir auf einem nüchternen Chalet & Caravan Platz mit gutem Akustikkontakt zu den Lkws auf der Straße gen Namibia – wir sind die einzigen Besucher (es ist low season) und haben somit den Platz für uns alleine.
In Südafrika gehen die Sommerferien bis zum 16. Januar in diesem Jahr; danach sieht man kaum noch Autos mit ZA-Sticker auf den Campsites. Und an der Grenze nach Namibia in Vioolsdrif geht es entspannt zu. Keine Staus, keine Wartezeiten und – überraschend – nicht der Papierkrieg, auf den ich vorbereitet war. Letztlich waren wir in 20 Minuten durch, auch durch den Scanner am Ende von zwei Stationen bei der Ausreise (Immigration, Polizei) und drei Stationen bei der Einreise (Immigration, Straßennutzungsgebühr, Scanner).
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Von Vioolsdrif sind es noch mehr als 120 gepflegte Schotterpistenkilometer (zwei Stunden Fahrtzeit) nach Ai-Ais im Ai-Ais-Richtersveld-Transfontier Park (auf dessen südafrikanischer Seite wir schon waren). Endlich gravelpad! Jetzt geht es richtig los…
Ai-Ais ist wegen seiner hotsprings wohlbekannt; dass der Ort ein Touristenmagnet ist, merkt man an 100 Stellplätzen auf der Campsite. Und die, so erzählt uns die Schwarze Frau mit beachtlichem Backenbart an der Bartheke, werden in der Hochsaison doppelt belegt. Ansonsten beschwert sie sich über das (Schwarze) Management, dass die Mitarbeiter am Ende des Talkessels des Fish River Canyons bei Temperaturen von mehr als 40 Grad schmoren lässt. Der Wind kommt einem Föhn gleich. Weiße Chefs – das sagt sie tatsächlich – würden sowas niemals tun, sondern Ai-Ais einfach in der low season schließen und die Mitarbeiter woanders hinschicken.
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Wir sind die einzigen Camper heute, dazu zwei Chalets belegt. Die große Hotel-/Restaurant-/Chalets-/Bar-/Shop-Camping-Anlage von Ai-Ais ist gähnend leer; das große Schwimmbad nutzen wir alleine – zum Ärger einiger Paviane (die den Kackehaufen am Rand nach zu schließen) ansonsten das badewannenwarme Wasser genießen. Beware of the baboons! schreit das Schild am Eingang.
Und die hotsprings? Entpuppen sich als eine Quelle, zu der eine bröckelige Treppe führt und in die man die Hand nicht stecken kann – 65 Grad Temperatur! Zum Ai-Ais-Komplex zählt indes auch ein Indoor-Pool; aber für den muss man extra zahlen. Und wer will bei 42 Grad Außentemperatur schon da rein?
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Wir marschieren trotzdem ca. 2 Kilometer in den in Ai-Ais auslaufenden Fish River Canyon (Alles Wichtige & Wissenswerte dazu nach Klick auf den Link) hinein – und merken schnell, wie heiß das wird und wie viel Wasser man brauchen würde, wenn man die angebotene, geführte 5-Tages-Wanderung absolvieren würde. In Ai-Ais ist die Schlucht breit & weit zwischen den Felswänden, und sandig. Und morgen fahren wir zum Ablaufpunkt in Hobas.