Südafrika VII/VII: Ur-Heimat Kalahari

Kalahari. Oder, in Afrikaans: Kgalagadi (sprich: Chalachadi, mit in der Kehle kratzendem „ch“). Das ist so eine Sehnsuchtslandschaft, geowissenschaftlich recht nüchtern eine Trocken- bis Dornstrauchsavanne. Im südafrikanischen Teil, der deutlich kleiner ist als der in Botswana und Namibia, eher das erstere: Es gibt kleine Bäume und größere Sträucher, aber weniger Shrub und Grassland; mit anderen Worten – es gibt immerhin so viel Wasser, dass sich kleinere Bäume und größere Sträucher halten können.

Gibt es so etwas wie eine Ur-Erinnerung? In Gegenden wie dieser (im östlichen Afrika) hat der Homo den Übergang von erectus bzw. habilis zu sapiens geschafft, bevor er sich dann auf die Wanderung nach Norden begab. Wir alle sind Nachfahren dieser ersten Menschen, und abgesehen davon, dass sie Jäger & Sammler waren, waren sie vor allem eines: Migranten. Sich weiter, sich woanders hin zu bewegen, wo es möglicherweise besser ist, ist ein Ur-Instinkt des Menschen.

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Der Kalahari Transfrontier Park (KTP) ist so sehr bei (weißen) Touristen beliebt, dass man Monate lang vorher eine nicht eben billige Unterkunft in Form von Chalets, Tented Camps oder Campsites buchen muss. Die Campsites sind recht staubig-sandig und eher cheek-to-cheek, und dennoch gibt es Menschen, die jedes Jahr wiederkommen und zwei Wochen auf diesen Campsites verbringen, um früh morgens und spät nachmittags zum Game Drive aufzubrechen.

Nur wegen der Löwen oder Leoparden, Antilopen und Schakale? Oder zieht einen doch eine Ur-Erinnerung an die Wiege der Menschheit dorthin? In die unglaubliche Weite, die lose, nahezu gleichmäßig verteilten Bäume & Sträucher, die den rötlichen Dünensand mit grünen Wipfeln sprenkeln? Fühlt sich das nach Heimat an? Eine eigene Magie strahlt die Landschaft allemal aus.

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Der südafrikanische Einstiegspunkt in den KTP ist Twee Rivieren; von dort führt eine rund 120 Kilometer lange Schotterpiste nach Mata-Mata direkt an der Grenze zu Namibia. Zusammen mit Nossob sind das die drei Haupt-Camps. Uns ist es aber gelungen, Übernachtungsplätze in den Wilderness Camps von Gharagab und Bitterpan sowie dem Tented Camp nahe Mata-Mata zu ergattern. Wilderness Camps bedeutet zweierlei: Sie sind nicht eingezäunt, also kann man jederzeit Löwen face-to-face begegnen. Und sie sind nur über tiefsandige 4×4-Tracks zu erreichen.

Die Piste von Twee Rivieren nach Mata war schon von überraschenden Sandverwehungen gekennzeichnet. Die hatte es vor ein paar Jahren bei unserem Erstbesuch nicht gegeben. Dass man für sie dennoch keinen Offroader braucht, zeigt ein tapferer Suzuki Swift-Fahrer beeindruckend. Freilich: Der schafft es dann doch nicht den schmalen Track durch und über die Dünen, in denen wir auch mit niedrigem Reifendruck ein paar mal stecken bleiben und neuen Anlauf nehmen müssen.

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Im KTP gibt es keine Routenvarianten, so ergibt sich ein Hin-und-her-Fahren über mehrere Tage. Bedeutet auch, dass wir die Game Drives quasi integriert haben und unterwegs vielen Tieren begegnen.

Von Mata-Mata nach Gharagab sind es etwa 250 Kilometer auf teilweise schnörkeliger Schotterpiste, teils sandigem 4×4-Track. Morgens sind einige schon in der Dämmerung unterwegs, bevor wir in die Gänge kommen. Abends wissen wir: Wir hätten früher ablegen sollen, denn wir werden rund 10 Stunden ununterbrochen unterwegs sein.

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Von Mata-Mata nach Nossob führt eine schlechte, nervende Piste, aber wir müssen dort tanken und für das weit entfernt liegende Wilderness Camp einchecken. Auf einer viel besseren Piste geht es dann an Polentswa vorbei, teilweise sind 60 -70 km/h gut und sicher möglich (ich fahre defensiv), und dann biegt ein sandiger Dünenweg nach Gharagab ab.

Unser Landy namens „Nr. 5“ hält sich prima! Das ist insofern erwähnenswert, weil wir immerhin zweimal dachten, die Tour hier hoch wäre vorbei, bevor sie begonnen hatte. Einmal wegen der defekten Wasserpumpe , dann wegen des tropfenden Kraftstoffkühlers. Und dann noch die schwache Starterbatterie… (-> Still looking good!)

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So schlängeln wir uns durch die afrikanische Bilderbuchsavanne, ein Auge immer auf den Temperaturmesswerten des Diagnose-Instruments. Aber trotz mancher Sand-Wühlerei bleibt alles im grünen Bereich.

In Gharagab angekommen beziehen wir eine von mehreren Log Cabins, die eine umzäunte kleine Stoep (also Veranda) aufweisen, und stellen die Löwenbiss-Schutzgitter an die vier Reifen von Nr. 5. Es ist ein seltsames, aber bekanntes Phänomen, dass Löwen gerne auf Gummi rumkauen.

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Nachts wird es – wie in Wüsten üblich – frisch, aber das bleibt auch tagsüber so. Obendrein pfeift ein kalter Wind. Eine Fleece-Jacke muss her, und nachmittags wird auch eine Decke um die Beine gewickelt. Wegen der potenziellen Löwen-Besuche sollte man so wenig wie möglich draußen herumlaufen, erklärt der vor Ort wohnende Caretaker, am besten immer in der Nähe von Hütte oder daneben geparktem Fahrzeug bleiben.

Wir sitzen auf der Stoep und genießen den weiten Blick über die Trockensavanne und auf das vor uns liegende Wasserloch. Morgens kommen Red Hardebeest- und Oryx-Antilopen, eine Strauß-Familie, immer wieder Schakale – aber keine Löwen.

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Wir bleiben zwei Nächte in Gharagab, natürlich mit abendlichem Braai-Feuer. Von Gharagab geht es eine lange, lange Dünen-Fahrt mit viel bockigem Gehoppel an den tiefsandigen Anstiegen mit Wellblechpisten-Unterlage nach Bitterpan. Tollste Trockensavannen-Landschaft. In Nossob werden wir feststellen, dass der Kühlschrank aus seiner Verankerung gesprungen und der Gasdämpfer rechts am Dach gebrochen ist. Beides lässt sich fixen. Sonst keine Probleme bei Mensch & Material.

Auch im Wilderness Camp von Bitterpan ist man auf seine Unterkunft fixiert, die einen guten Ausblick auf die Salzpfanne und das Wasserloch ermöglicht. Die vier Cabins und die jeweils dazu gehörigen Toiletten liegen eng beieinander; so ergibt sich schnell der zwanglose Austausch mit den Nachbarn. Alles ältere Leute, wie wir.

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Eine wunderschöne Dünenfahrt mit vielen „Oh“ und „Ah“ folgt am nächsten Tag, weiten-weiten-weiten Ausblicken von den Dünenkämmen aus. Einer Achterbahnfahrt ohne Looping nicht unähnlich, aber nicht so anstrengend und nervenzehrend wie nach Gharagab, geht es zurück nach Mata-Mata bzw. in das drei Kilometer entfernte Tented Camp.

Überraschung! Die Unterkunft dort erweist sich als beste überhaupt! Und vor unserer Nase hausiert im Trockenflussbett eine Schakal-Familie mit drei spielenden Jungen…

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Eine kühle bis kalte Nacht. Familie Schakal ist frühmorgens schon unterwegs; nach einer Weile kommen ein Gnu und ein kleiner Oryx. Es.sieht fast so aus, als folge das Spießböckchen dem Gnu. Später rennt er ihm sogar nach – scheinbar. Denn tatsächlich steht in Laufrichtung die Oryx-Mama unter einem Baum…

Tatsächlich fällt es schwer, sich von Tented Camp zu lösen. Ich würde sofort einziehen bzw so eine Zeltkonstruktion auf ein geeignetes Grundstück stellen. Auch wenn es im Winter kalt wäre… (da hilft doch bestimmt ein Bollerofen).

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Wir ziehen noch einmal um, wieder nach Mata-Mata. Da wir früh eintreffen, sind alle schon unterwegs oder auf Game Drive, kriegen wir einen schönen Stellplatz – nur links einen Nachbarn, die anderen relativ weit entfernt. Also machen wir so etwas wie einen Maintenance – & Lazy Day. Landy checken, Wäsche waschen, neue Mütze kaufen, alles Digitalgeräte und Powerbanks am 220V-Strom aufladen etc. Auch ein wenig rumsitzen und Spaß an Ground Squirrels, blauschimmernden Staren, Mangusten und Meerkats haben…

Ein ganz schön ruhiger Tag. Am nächsten fängt die rund 1500 Kilometer lange Tour zurück nach Stellenbosch an – auf den letzten Kilometern im Park treffen wir dann doch noch eine Löwenmutter mit drei Jungen auf der Piste schlafend an. Und sehen einen dösenden Leoparden im Schatten eines Baumes liegen – so gut durch sein Fell getarnt, dass ich ihn zuerst für ein Gerippe gehalten habe.