Verlässt man den Kalahari Transfrontier Park gen Süden, so ist die (südafrikanische) Kalahari damit noch lange nicht zu Ende. Von Twee Rivieren bis Upington führt eine bequeme Asphaltstraße 250 Kilometer durch den roten Dünensand. Wir haben eine Zwischen-Übernachtung in der Molopo Kalahari Lodge gebucht, und dorthin sind es erst einmal nur 60 Kilometer. Der Gebäude-Komplex liegt inmitten der typischen Kalahari-Landschaft, die die sprinklerversorgten Grasflächen ungerührt umgibt.
Dort wartet eine Überraschung: Wir hatten einen Platz auf der Campsite gebucht, aber bei der Ankunft offerierte uns die freundliche Rezeptionistin ein „Upgrade“ auf eines der Chalets – ohne Preisaufschlag. Warum? Weil die Lodge außerhalb der Saison dünn belegt sei, antwortet sie, und die Lodge-Leitung die wenigen Gäste weniger auf dem weiten Gelände verteilt sehen wolle. So entstehe ein bisschen mehr Leben in der Bude…
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Ok, ein hübsches Chalet mit Reetdach, eigenem Braai-Platz und kleinem Pool kann es ja auch mal sein. Der Braai-Platz verlangt nach Anwendung, was insofern ein Fehler sein wird, als wir dadurch nicht ins Restaurant und damit vor allem nicht in die fantastische Bar gehen werden… Gewisse postkolonialistische Attitüden und das Verlangen nach einem edlen Brandy in solcher Umgebung streift auch der aufgeklärte Mensch nur schwer ab.
Immerhin bin ich so eine Art Old School-Journalist (gewesen), der 1997 an der dunklen Bar des Foreign Correspondents Club in Hongkong zusammen mit trinkfesten Reporter-Veteranen des Vietnam-Krieges saß und Gin Tonic süffelte, bevor wir uns daran machten, der kurz zuvor erfolgten Machtübernahme der Volksrepublik China auf Hochhausdächern und in Flüchtlingslagern vietnamesischer Boat People nachzuspüren. Weit vor der Zeit von Smartphones, Tablet-PCs und Digitalkameras. (Wen’s interessiert, hier klicken: https://www.bechmann.org/hongkong-handover-1997/)
Am nächsten Tag rollt der Landy weiter nach Upington, und auf dem weiteren Weg gen Süden verliert sich die Kalahari in die Karoo – es geht schier endlos geradeaus durch niedriges, schwärzlich-graues, eingestaubtes Gestrüpp links und rechts der Straße; zwischendurch liegen schwarzvulkanische Brocken beidseits. Wer solcherlei Landschaft nicht mag, wird sie als öde empfinden.
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Irgendwann geht’s links ab ins Veld zu Oum Benna’s Farm Campsite, die ein schönes Kontrastprogramm zur Molopo Lodge darstellt – einfach eine einfache Working Farm, deren freundliche Besitzer sich ein Zubrot mit den Stopover-Gästen auf dem Weg zur oder von der Kalahari verdienen. Frühere Farm-Gebäude werden als Küche, Toilette und Bad genutzt; die Campsite selbst bietet nur wenigen Fahrzeugen Platz.
Wie gut, dass wir alleine sind. Der Abendwind rauscht in den Blättern von Akazie und Olivensträuchern, in der Nähe scheppert eine Scheune blechern. Und die tiefstehende Abendsonne lässt die Windpompies erstrahlen… the magic of the Karoo, ein Zauber, dem man leicht verfällt, und den die Luxus-Lodge bei allem Komfort nicht hatte.
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Tags darauf biegen wir nach einigen Stunden Fahrt bei Calvinia von der Asphaltstraße auf eine Gravelpad ab, die – wie viele – von den Wasserfluten der Winterstürme gezeichnet ist. Die tiefen Spurrinnen und Verwerfungen, die die Farm-Bakkies in den Schlamm gezogen haben, sind mittlerweile knochenhart erstarrt und so besteht die Fortbewegung mitunter in munterem Geholper.
Auf dererlei Backroads prescht einem dagegen nur dann und wann ein Bakkie entgegen – die Farmarbeiter kennen da keine Freunde -, während auf den Asphaltstraßen reger Verkehr herrscht, mit vielen Lkw. Und wer wissen, wo u.a. die Zwiebeln bei uns im Supermarkt herkommen, muss nur aus dem Fenster schauen.
Wochenende = Partypeople-Gefahr
Bei Clanwilliam steuern wir zuerst zum Clanwilliam Dam Resort hinunter, doch dort feiern sich viele laute Partypeople schon mal warm. Unterstützt durch mobile Lautsprecherboxen, die in den 80ern mancher Dorfdisco zur Vollbeschallung gereicht hätten. Die Coloureds lassen es am Wochenende gerne krachen, sagt mehr als eine Erfahrung. Den Spaß sollen sie haben, aber ich steh‘ mehr auf Stille und die natürlichen Geräusche der Nacht. Nee, lieber woanders hin.
Wir fahren am östlichen Rand des Dam entlang, gen Norden und erreichen schließlich die Lebanon Citrus Holiday Farm, mit Campsite direkt am Dam. Wir rumpeln durch Zitruspflanzungen zum Wasser runter. Dort haben nur zwei weitere Parteien ihre Zelte aufgeschlagen, weit auseinander. Wasser, wie schön! Und so allein! Wir entrinnen aber dem Schicksal nicht: Nachts gibt’s Mucke & Gebrüll von irgendwoher aus Richtung Berg. Hält sich aber in Grenzen.
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Tagsüber preschen viele Sportboote, Wasserskifahrer, auch so eine Art Hoverboard, über den See. Wir verlassen die Lebanon Citrus Holiday Farm gegen 13 Uhr, umrunden den Dam weiter gen Norden und überqueren eine unter Wasser stehende, eigentlich gesperrte Brücke. Ehrlich: Wenn da nicht vorher ein kleiner Suzuki und ein Ford Ranger ohne zu zögern durch- und drübergefahren wären, hätte ich das wohl nicht gemacht.
Schließlich durchfahren wir Piketberg und Moorreesburg und sehen uns in deren Ortsvierteln um. Es gibt schöne, tolle Häuser dort, und es fühlt sicher & sauber an – wenn man das stille, zurückgezogene, einfache Leben auf dem Platteland mag, wird man dort wohl genau richtig sein.