Südafrika VII/VX: Klettern & Krabbeln im Dolerit

Die Campsite der Soutpoort Guest Farm liegt westlich der Straße von Loxton nach Carnarvon inmitten von hoch aufragenden Dolerit-Felsblöcken. Mal was anderes, denn weite Teile der Karoo zeichnen sich dadurch aus, dass eine Windpumpe die einzige Erhebung bis zum Horizont ist.

Anweisungen, wie ich die Campsite von der Asphaltstraße aus finde, habe ich von der Farmerfamilienfrau erhalten. Kaum habe ich den Motor abgestellt, rumpelt sie schon im Bakkie heran: Die fröhliche Melissa ist blond & weißhäutig und gibt in ihrem weißen Kleid im Gegenwind die Marilyn Monroe. Es ist sehr böig, sie kichert und zieht ihren Rock beidhändig runter.

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Sie hat mich vom Farmgebäude auf der anderen Seite der Straße gesehen, deswegen ist das gelungene Timing kein Zufall. Soutpoort verfügt über vier weit auseinander liegende Campspots, zwei jeweils mit Ablutionblock, zwei nur mit kleinem Splash-Pool und sonst eigentlich gar nix. Von den letzten beiden soll eine noch eine ordentliche werden.

Schließlich hat das Farmerpaar die Campsite eingerichtet „to make some money“; gerade weil ihnen offensichtlich Covid-Zeit und Dürre schwer zugesetzt haben. Hier draußen hilfst du dir selbst, sonst hilft dir in Südafrika keiner (außer: Nachbarn, Familie, Freunde).

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Nr. 5 parke ich mit der Front zum Wind, so dass das aufgestellte Dach einen Keil bildet. Durch den koppie direkt vorm Land Rover entstehen zwei Kanäle, die die bewegte Luft in etwa 45 Grad aufs Aufstelldach einströmen lassen. Das minimiert das Flattern des Zelt-Aufstelldaches, und das Fahrzeug steht ruhig. Abgesehen davon: Der Wind hält Fliegen & andere Fliegeviecher fern.

Alle Kak-Spuren rundherum sind steinalt, die Termitenhügel scheinen von niemandem mehr bewohnt zu werden. Keine Anzeichen von irgendwem. Dolerit = ironstone, und da gilt: Nomen est omen, deswegen hat sich die Erosion bislang an diesen Felsen die Zähne ausgebissen. Ich buddele in einiger Entfernung vom Fahrzeug ein Toilettenloch in den Karoo-Sand.

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In der Wildnispädagogik spricht man von Tier-, Pflanzen- und Steinwesen, die uns umgeben. Man muss das nicht allzu esoterisch-schwurbelig interpretieren, sondern kann das einfach als Bild nehmen. Und wenn man von so fantastischen Steinwesen umgeben ist wie in Kalahari und Karoo, beginnt man fast zwangsläufig sich für Geologie & Geografie zu interessieren. Im Gepäck daher: Nicht nur Tracker Manual und Pflanzenbestimmungs-, sondern auch – wissenschaftliches – Steinerklärungsbuch.

Ich klettere & krabbele dann auf zwei der umliegenden Dolerit-Hügel, prompt unter Verletzung der ehernen Regeln: Schuhwerk und Beinkleid unzureichend. Zwischen den Felsbrocken mögen Schlangen & Skorpione kampieren – die würde man nur sehen, wenn sie sich auf den Felsen sonnen würden. Deswegen wären knöchelhohe Wanderstiefel und lange Hosen angebracht, beides auch wegen des dornenreichen Gestrüpps zwischen den Felsen. Eigentlich kann ich auch nicht sicher sein, dass alle Felsklumpen fest liegen und ob nicht eine kleine losgetretene Lawine mich mit runter nimmt.

Keine Planung, aber einen Plan

Wenn man keine festgemeißelte Routenplanung, sondern schaut, wohin einen der Wind weht, bleibt es dennoch nicht aus, eine gewisse Zeit mit Planung, Kommunikation & Koordination des nächsten Zieles zu verbringen. Es ist gängige Regel in Südafrika, dass man sein Kommen einen Tag – oder wenigstens morgens – ankündigt. Und es ist sinnvoll, spät-aber-früh-genug zu erfahren, ob die anvisierte Campsite Platz für einen hat oder Betriebsferien oder gar nicht mehr existiert. (Alles schon vorgekommen.)

Dabei ist einzubeziehen, dass Email und Whatsapp die gängigen Kommunikationsmittel sind… das aber eine schlechte oder nicht vorhandene Mobilfunkverbindung verzögernd wirken können. Will heißen: Man schickt in dem Moment, wo man Signal hat, eine WhatsApp-Nachricht oder Email los und hofft, dass der Empfänger auch Empfang hat (oder zumindest in den nächsten Stunden). Und natürlich sitzt gerade bei den Working Farms niemand rund um die Uhr vor dem Email-Programm…

Manchmal kann man auch nur eine Festnetzverbindung anrufen – sitzt aber selbst gerade im Funkloch. Ob die Verbindung auf einem der umliegenden Hügel besser ist? Wenn nicht, dann muss man sich überlegen, welches Karoo-Städtchen in der Nähe liegt, wo man aller Wahrscheinlichkeit nach Empfang hat. Gut auch, wenn man ein B-Ziel in petto hat. Alles in allem kann die Koordiniererei folglich einiges an Zeit in Anspruch nehmen.

Im Schatten der erst zum zweiten Mal aufgebauten Markise (sonst gibt es keinen, und die Sonne wandert kerzengerade übers Auto, so dass dies selbst keinen Schatten wirft) nach Koordination & Kommunikation ein bisschen Lektüre bei Tee & Rusks: Nicht nur zur wildnispädagogischen Dreifaltigheit (Tier/Pflanze/Stein), sondern auch Afrikaans für Anfänger. Abends dann Nudelessen vom Gaskocher, samt Lagerfeuer mit Metallreflektor für Atmosphäre & Wärme. Klarer Sternenhimmel, Orion steht Kopf und lässt grüßen.