Die „MS Expedition“ steuert nach Norden, in Richtung Deception Island, schon Teil der South Shetlands: Eigentlich ist das dortige Port Foster der mit Wasser zugelaufene Caldera eines Vulkanes, der bis heute aktiv ist. Sieht man auf die Insel aus der Vogelperspektive, dann sieht sie wie ein Ring aus. Es gibt eine schmale Einfahrt, genannt Neptune’s Bellows. Da sich bei stetigen Winden das Wasser durch diese hinein- und hinauspresst, geht’s da recht kabbelig zu.
Bei wolkenverhangenem Himmel und spürbarem Wind & Wellen-Effekt legen wir mit den Kayaks ab. Ein Glück, dass die fünf Exkursionen der vorherigen Tage von einem ruhigen Meeresspiegel geprägt waren, so dass wir Erfahrung mit dem Paddeln im antarktischen Wasser gewinnen konnten. Was uns jetzt erwartet, ist ein Wellengang, der es in sich hat. Aber Kayak-Guide Beth traut uns was zu, folglich geht’s raus aufs düstere Meer inmitten schwarz-weißer Berge – Schnee-, Eis-, Lava-bedeckt.
Mit dem Kayak kommt man seewärts an Stellen, die häufig von Land her unzugänglich sind, und so können wir uns verschiedenen Robben–Arten an Land und zu Wasser nähern, besonders bei einer Art „Planschpool“ in Port Foster: Wie in einem Kinderplanschbecken tummeln sich dort spielerisch die schlanken Leiber. Anderthalb Stunden sind wir draußen, dann nehmen Wind und Wellen deutlich zu und die schleunige Rückkehr wird angeordnet.
Leichter gesagt als getan. Jetzt merken wir, auf welch schmalen Grad wir die ganze Zeit im antarktischen Gebiet operieren. In den Kayaks sind wir in unseren Survival Suits den Elementen nahezu schutzlos ausgeliefert – die einzige Sicherheit besteht in dem wissen, dass die Kayaks zwar kentnern, aber nicht untergehen können. Die Boote taumeln im Wellengang auf und ab, der Wind sprüht uns Gischt entgegen, mühsam können wir Kurs halten.
Koloss und Kayaks
Ein Kampf beginnt: Wir müssen energisch paddeln, um das Mutterschiff zu erreichen. Die Strömung treibt uns immer wieder zurück, in der Nähe von Neptun’s Bellows ringen die Wassermassen gegeneinander und lassen uns hin und her driften. Langsam kommen wir der „MS Expedition“ näher – und müssen nun in gebührenden Abstand, aber in Schlagweite zum Schiff auf das Einschleusen warten.