Kayaken bei Svalbardseyri
Wir übernachten nahe der Werkstatt, in der schon die Ersatzteile auf uns warten. Die Truppe dort ist knurrig und des Englischen eingeschränkt, aber ausreichend, kundig. Ein Hüne mit Glatze und Vollbart erklärt, dass es auch ohne Reparatur ginge (was den Getriebeölverlust angeht), ansonsten werden rund 500 Euro für diesen Befund und ein paar kleinere Reparaturen kassiert.
Der Kostenvoranschlag für den kompletten Tausch des Wellendrichtringes im Anstriebsstranges war auch rund 600 Euro kalkuliert – aber: „heavy work“ hat der offensichtlich unlustige Hüne erklärt. Wenn schon die kleinen Reparaturen auf einen halben Tausender hinausgelaufen sind, dann wäre „heavy work“ wohl auf ein paar blaue Riesen rausgelaufen, vermuten wir… das soll dann doch lieber jemand zuhause zu einem günstigeren Stundensatz machen, zumal wir bei einer Reparatur in Akureyri auch noch einen Tag oder mehr verlieren würden.
Akureyri unter Besucher-Andrang
Während der Wartezeit beobachten wir die Touristen-Kolonnen, die das soeben angelegte Niederländisch-US-Amerikanische Kreuzfahrtschiff zu einem Stadt-Besuch verlassen, und gehen selbst in Akureyri frühstücken und shoppen. Die kleine Stadt bzw. ihr Zentrum quillt natürlich von Besuchern über, und mit unseren robusten Unimog-kompatiblen Klamotten fallen wir ein wenig auf. Unter den Kreuzfahrern überwiegen Stöckelschuhe und Rollatoren.
Schließlich fahren wir zu unserem gestrigen Standplatz beim kleinen Leuchtturm zurück und bauen unser im Stauraum mitgeführtes Falt-Kayak unroutiniert und daher zeitraubend zusammen. Als wir es zu Wasser lassen, sind die Luftschläuche nicht fest genug aufgepumpt, die Spritzdecken lose und das Wasser zunehmend kabbelig. Schwimmwesten haben wir keine; dumm genug – daran, dass das Wasser so kalt sein könnte, dass man kaum drin schwimmen kann, sind wir nicht gekommen.
Wir bekommen es nach einer Dreiviertelstunde auf und ab kreuzen vor der Küste des Nordatlantik-Fjords mit der Angst zu tun und kehren um – sind aber stolz, den Versuch gewagt zu haben. Beate hat einen Geistesblitz und findet doch heraus, wie das mit Verdeck und Spritzdecken eigentlich geht.
Später abends hören wir ein typisches Lkw-Geräusch – der Eine Welt Reisen-IFA steht hinter uns, André und Anne fahren eine ähnliche Route wie; so trifft man sich.
Frühnebel bei Kopasker
Wir haben dann heute lange ausgeschlafen und langsam angehen lassen. Das Kayak – unter den Unimog zum Trocknen gelegt – ist durch den Morgentau wieder nass und muss abgewischt und zusammengelegt werden. Schließlich soll es losgehen, da entdecke ich, dass der Hitzeschutz am Turbolader abgerissen ist… die Reparatur, damit die Schlauchschelle wieder sitzt, dauert eine Weile, weil kleinteilige Fummelei.
Wir kaufen in Akureyri ein, tanken, füllen Frischwasser und die Vorräte auf, und fahren dann Richtun Husavik und darüber hinaus nach Kopasker. Ein Wechsel zwischen Nebel und Sonne, der Blick auf die Küste teils verhangen, teils fantastisch.
Angekommen: Anliegerbier mit Trockenfisch
Ein einsamer Seehund winkt
Unimog auf Kopasker-Campsite
Kopasker – wie ausgestorben
Küste bei Kopasker
Frühnebel bei Abfahrt
Zum Nachmittagspicknick dieseln wir auf eine Landzunge mit Leuchtturm und verzehren den mittlerweile beliebten Trockenfisch und einen weniger beliebten geräucherten Heilbutt zum obligatorischen Anlegerbier. Im Wasser räkelt sich ein Seehund auf einem Felsen und winkt mit den Flossen.
In Kopasker gibt es eine erstaunlich gut ausgestattete Campsite: Eine grasgrüne Standfläche, aber mit geheizter Toilette und unlimitierter Dusche auf asphaltierter Fläche neben nebenan. Da wir ein Problem mit der Chemie-Kassetentoilette haben, sind wir froh, eine Entsorgungsstation gefunden zu haben. Eine freundliche ältere Ortsansässige und ein Junge kassieren die Nutzungsgebühr.
Kopasker erweist sich bei einem Abendspaziergang als nahezu menschenleer und erinnert an eine amerikanische Geisterstadt nach einem Bio-Angriff… alles sieht wie gerade noch genutzt und urplötzlich verlassen aus. Unsere Hochstimmung setzt sich fort: Wir sind alleine unterwegs und bestimmen Weg und Tempo nach eigenem Gutdünken. Eine Wohltat nach der Kilometerfresserei der Wochen zuvor.