Deception Island liegt schon weitab achtern. Die unvermeidliche Rückfahrt steht an: Wir können ausschlafen, kein 6.30 Uhr Weckruf. Auch kein Frühstück und Mittagessen, dafür ab 10 Uhr Brunch. An Bord eines Schiffes fühle ich mich immer wohl.
Wir erleben an Bord der „MS Expedition“ jetzt das, was uns auf dem Hinweg erspart blieb: raue See. Nichts wirklich Schweres oder gar Stürmisches, sondern eher das an und für sich in dieser Gegend Übliche. Tatsächlich kommt bei schaukeliger Fährt gar die Sonne durch. Wir scheinen abermals vom Glück begünstigt; so können wir noch viel Zeit auf Deck verbringen. Jede Minute zählt, solange wir noch in der Antarktis sind – diese verlassen wir nach Überqueren er imaginären Linie der antarktischen Konvergenz bei 50 Grad südlicher Breite.
„Ambassadors of Antarctica“
Das Schiff stampft und rollt, Scopolamin-Pflaster sind heiß begehrt. Vormittags wird eine weitere Folge der BBC-Serie „Frozen Planet“ gezeigt, die sich mit dem Herbst im ewigen Eis beschäftigt (www.bbc.co.uk/frozenplanet). Außerdem stehen drei „Lectures“ an: Über den Antarktis-Pionier Ernest Shackleton, den Klimawandel und die ersten Frauen in der Antarktis.
Die „Lectures“ sind von seriöser wissenschaftlicher Qualität. Es wird ein ernsthafter Versuch unternommen, die Touristen zu Botschaftern („Ambassadors“) zum Wohle der Antarktis zu machen. Die Reiseteilnehmer erfahren im Lauf der beiden Rückfahrt-Tage in der Drake Passage viel über historische, geologische, klimatologische und biologische Aspekte der Antarktis. Wohl kaum einer wird von Bord gehen, der nicht die Antarktis als eine einmalige, schützenswerte Sphäre sieht, die besser unberührt bleibt.
Am zweiten Tage nähern wir uns allmählich dem südamerikanischen Festland. Das berühmt-berüchtigte Kap Hoorn liegt in dieser stürmischen Weltgegend: Zahllose Schiffe liegen hier auf dem Meeresgrund, zahllose Seeleute verloren ihr Leben. Laut Wikipedia:
Schätzungen zufolge wurde die See vor Kap Hoorn mehr als 800 Schiffen und mehr als 10.000 Menschen zum Verhängnis und zum größten Schiffsfriedhof der Welt.