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Keine Mücken am Mückensee

Myvatn am Morgen

Myvatn am Mittag

Abschied von der Eine Welt Reisen-Gruppe: Sibylle und Claudia im Iveco ziehen gen Westfjorde, Beate und ich gehen ins örtliche Walmuseum und besichtigen noch eine Kirche in Husavik, dann fahren wir zurück nach Reykjadlid am Myvatn. Wir sind nun allein unterwegs, mit einem kränkelnden Fahrzeug, dessen Technik wir nur oberflächlich kundig sind. Die ersten – wenigen und harmlosen – Pistenkilometer ziehen vorüber…

Enttäuschung am Campingplatz bei Reykjadlid: Kein Kayaken erlaubt; das hatten wir eigentlich unbedingt vor, deswegen waren wir zum Myvatn zurückgefahren. Es scheint eine prächtige Sonne, dafür gibt es gar keine Mücken (wie wenige Tage zuvor) und man kann für die Campingplatzgebühr duschen ohne Limit. Also Licht im Dunkel.

Freier Blick zum Myvatn

Auch zeigt sich das Universum von seiner besten Seite: Wir müssen den Unimog ganz am Rand positionieren, was sich im Laufe des Tages und Abends keineswegs als Nach-, sondern vielmehr als Vorteil entpuppt: Tatsächlich füllt sich der Platz mit Zelten und Fahrzeugen zum Bersten in den Abendstunden. Wo wir stehen, genießen wir weiterhin freien Blick zum Myvatn.

Was passiert weiter? Lesen und in der Sonne sitzen und alles ganz ruhig, ein wunderschöner Blick auf See und Sonne. Besprechen die Orientierung und Navigation für die kommenden Tage. So ist man unterwegs, und steht doch still.

Wir lassen uns viel Zeit morgens und verlassen den Campingplatz, der sich schon weitgehend geleert hat, erst gegen 12 Uhr. Tanken, Milch einkaufen (Kaffee ohne Milch und Zucker ist undenkbar, allein mit dieser Koffein-Fett-Kohlenhydrat-Mischung komme ich durch den ganzen Tag), dann die Chemietoilette nach kurzer Suche auf einem benachbarten Campingplatz entleert.

Wir kurven südlich um den Myvatn (die Anfahrt war über die Nordroute verlaufen) – dort finden wir einen wunderbaren Wanderweg inmitten einer bizarren Lava-See-Landschaft bei Höfdi, etwas abgelegen, nicht sonderlich frequentiert. Kleines Picknick, aber den Kaffee haben wir vergessen… Schwarze (Lava-)Sandstrände laden zum Baden ein (wie häufig), aber für Badehose & Bikini ist es denn doch zu kühl. Für uns jedenfalls, auch wenn sich unser Verhältnis zu Wärme und Wetter im Zuge der Island-Reise völlig ändert. We are Icelanders!

Rund um den "Birds Trail" an der Südseite des Myvatn

Rund um den „Birds Trail“ an der Südseite des Myvatn

Einen weiteren Halt legen wir am Birds Trail bei Skutusstadir ein. Wir genießen es sehr, endlich frei zu sein – keine Reiseroute liegt fest, keine Reiseleitung drängelt zum Aufbruch, keine Ziele sind zu erreichen. Nowhere to go. Wir wandern rund um die Pseudo-Krater; in neiner nahe gelegenen Räucherei erwerben wir nach isländischer Art geräucherten Heilbutt und Lachs. Schmeckt lecker, allerdings auch so, als sei der Fisch in einem vollen Aschenbecher mariniert worden.

Standplatz in Svalbardseyri

Standplatz in Svalbardseyri

Vor Akureyri wabert der Nebel im Fjord. Wir finden einen vorübergehenden Standplatz an der Küste bei Svalbardseyri… nahe eines kleinen Leuchtturmes. Ein Kreuzfahrtschiff tutet im Nebel und zieht gespenstisch vorbei. Wir sind für uns.

Spät am Abend ziehen wir noch um – zum gegenüberliegenden Akureyri, wo wir morgen um 8 Uhr einen Termin in der Werkstatt von www.trukkurinn.is haben. Wir nächtigen daher nahe des Werkstatt-Tores im Hafen- und Gewerbegebiet der zweitgrößten Stadt Islands.

Dettifoss, Dimmuborgir, Hljodaklettar, Husavik

Myvatn

Myvatn-See

Von unserem Standplatz-Schrottplatz ging es gestern zunächst Dettifoss, dem Wasserfall Islands schlechthin, dem voluminösesten Europas überhaupt. Zuvor schaute sich unsere neunköpfige Truppe noch ein paar Dämpfe aufgrund heißer Quellen in der Umgebung des Myvatn („foss“ = „Wasserfall“, „vatn“ = „see“) an; ich nicht, weil ich beim Unimog geblieben bin, dessen Motor ich habe laufen lassen. Ich hatte einfach keine Lust auf die Vorförderpumpen-Prozedur, um ihn wieder anlassen zu können. Es war ohnehin alles gerammelt voll mit Besuchern…

Auf der Fahrt zum Dettifoss haben wir Dimmuborgir, eine Art Lava-Garten mit wie Trolle aussehenden Fels-Formationen, sowie eine bekannte Felsspalte mit Höhlen aus blau schimmernden Wasser besucht (Anm.: Name wird nachgereicht).

Den Dettifoss muss man gesehen haben, klar. Vor allem ist er gut besucht, auch klar. Aber schön ist er nicht, er sieht ziemlich schmutzig aus. Immerhin ist er gewaltig, und das schien mir in Videos besser als in Fotos erfassen zu sein. (Anm.: Video-Zusammenschnitt wird nachgereicht).

Nach kurzer Pistenfahrt kamen wir gestern abend auf der Hljodaklettar-Campsite in einem Tal an, fanden ein schönes Fleckchen für unsere drei Lkw’s – ruhig war es sowieso, kaum andere Geländewagenfahrer, Pkw-Fahrer, Mountainbiker oder Wanderer da.

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Standplatz auf Hjodaklettar-Campsite

 

Heute hatten alle Lust auf Muße, auf spätes Aufstehen, auf langsames in-den-Tag-kommen, der von Sonnenschein geprägt war. Schließlich brachen wir zu einer Wanderung rund um die Lava- und Basaltfelsen von Hljodaklettar auf:

Das Ende der (gemeinsamen) Reise naht (die letzte Woche wird jede Lkw-Besatzung alleine in einer Region eigener Wahl verbringen): Wir fuhren an der Küste entlang nach Husavik, wo wir uns in den Hafen stellen und dort auch übernachten, nachdem die Diesel-Leitung des Unimogs erneut deutlich geleckt hat (was Beate durch einen Diesel-feuchten Tank beim Fahren im Außenspiegel bemerkte).

Gelernt: Reparaturarbeiten mit Problemcharakter immer in der Nähe von hilfefähiger Infrastruktur vornehmen! In einem Fischereihafen etwa nimmt man kleinere Mengen tropfenden Öls nicht so krumm; jemand, der schrauben kann und Schrauben hat, ist vermutlich auch nicht weit. Schluss mit dem improvisierten Abdichten durch Klebeband heißt es allerdings: Ich montiere mit Andrés Hilfe eine neue Diesel-Leitung unter Verwendung von Schlauchschellen. Ab jetzt hält’s!

Dann essen wir mal nicht an Bord unserer Fahrzeuge, sondern in einem netten Hafenrestaurant Husaviks nahe der geparkten Lkw’s.

Morgens, mittags, abends: Getriebeöl und Diesel

unbenannt-650Jedem hilft jedem: Überquerung eins Fluss-Laufes.

Nach wenigen Kilometern Piste erreichen wir eine Siedlung namens Höll – einem Ort, der eigentlich nur aus einer Autogarage besteht… Das kommt in Island öfter vor: Auf der Landkarte sieht man viele – vermeintliche – Ortsnamen, die überwiegend nur einzelne Höfe sind. Zu denen führen lange Anfahrten, am Pistenabzweig selbst ist ein Briefkasten zu sehen, in der Ferne dann die Gebäude.

Die Autogarage in Höll steuern wir an, weil André – zurecht – die Vermutung hegt, dass man ihm dort ein Schweißgerät ausleihen könne. An seinem Fahrersitz ist eine Strebe gebrochen. Auch in diesem Fall erleben wir die große Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Isländer – der Garagenbesitzer überläßt uns ohne weiteres sein gut sortiertes Werkzeugsortiment.

Getriebeöl – der neue Herrenduft

Während Andrè schweißt und die zerstörte Winde am Heck seines IFA von Trümmerstücken säubert (siehe: Happy Birthday! Ich habe den Unimog versenkt!), machen wir anderen uns daran, die völlig verdreckten, verschlammten und verknoteten Bergungsgurte zu säubern und voneinander zu trennen. Was mit einigen Mühen einhergeht. Ich prüfe mal wieder den Stand des Getriebeöls – ohne daran zu denken, dass die das Verteilergehäuse (wie die Achsen) des Unimog unter Druck stehen, und erhalte so eine Getriebeöldusche von oben bis unten (ein hartnäckiger Geruch, der aus den Klamotten erst nach mehrmaligem Kochen zuhause herausging).

Bei der Weiterfahrt durchqueren wir weitere Lava-Mondlandschaften, dann erreichen wir das Gletscher-Eis vom Hofsjökull. Es gilt abermals, eine kleine  Stein-Brücke über einen Fluss zu bauen (siehe Bild oben), bevor wir auf Treibsand und Uralt-Eis herumbalancieren können.

Nee! Darf nicht wahr sein! Der Unimog springt nach Rückkehr nicht an, es gibt ein Problem mit der Diesel-Zuführung – und ab jetzt werde ich in den nächsten Tagen vor jedem Anlassen die Motorhaube öffnen, um erst einmal via Vorförderpumpe Diesel in die Leitung und die Einspritzpumpe zu bekommen… es wird sich herausstellen, dass mehrere Leitungsschläuche übereinander liegen und sich während der endlosen Schüttelfahrten gegenseitig durchgescheuert haben.

Nahe einer einsamen Schutzhütte in Sichtweite des Hofsjökull-Gletscher am Tvifell schlagen wir unser Nachtlager auf. Kein Mensch weit und breit.

Unterm Auto statt im Hot Pool

Nach einer ruhigen Nacht heißt es dann für heute: Morgens schrauben, mittags schrauben, abends schrauben. Getrieb-Ölstand und leckende Diesel-Leitung prüfen bzw. reparieren. Während die Frauen in einem Natur-Hot Pool baden und sich die Haare waschen, hantiere ich mit Getriebe- und Diesel-Öl…

Wir erreichen die Sprengisandur-Piste wieder, machen Halt an zwei Wasserfällen und preschen durch die fast schon vertraute Mondlandschaft aus Lava und Lavasand. Nachstehend Bilder vom Aldeyarfoss, an dem man wie durch einen Querschnitt geomorphologische Einsichten gewinnen kann:

Speziell der Aldeyarfoss mit seinen Basaltsäulen war beeindruckend; um jenseits der offiziellen Beobachtungspunkte näher heranzukommen, war eine kleine Kletterpartie notwendig. Zum Aldeyarfoss trauten sich schon wagemutige Pkw- und SUV-Fahrer; der Besuch des  zweiten Wasserfalls – des Godafoss („Wasserfall der Götter“) – brachte uns abermals zurück in die Asphalt-Welt der Reisebusse und Touristenpulks. Da fühlt man sich gut in dreckigen Klamotten, weil man ja ein Abenteurer ist, mit so einem Amarok-Unimog. ;-) …und  deplaziert, und ernüchtert, wieder in der Zivilisation zu sein.

WIr fahren weiter zum traumhaft schönen Myvatn-See, wo wir tanken, Wasser und Luft an einer Tankstelle auffüllen, von zahllosen nicht-stechenden Mücken (deswegen heißt der See „Mücken-See“) umgeben sind, und schließlich standesgemäß auf einem Schrottplatz übernachten – nachdem wir von unserem eigentlich anvisierten Standplatz vor einem Schwimmbad (das geschlossen hat; kann sich die Gemeinde nicht mehr leisten) von einem Naturpark Ranger vertrieben wurden. Kann passieren; freie Übernachtungen sind immer davon geprägt, dass man nicht weiß, ob und wann man eventuell zur Weiterfahrt oder zum Ansteuern eines Campingplatzes aufgefordert wird.

unbenannt-707Ausblick auf Garage & Schrottplatz

Immerhin: Auch auf diesem Schrottplatz gab es ein paar prächtige Kfz-Pretiosen zu bewundern… Uns er Unimog hat sich da wohler gefühlt, als hinter dem Schwimmbad. Wir auch. Abendausklang: Ich habe die durchgescheuerte Diesel-Leitung mit Res-Q-Tape zu reparieren versucht, während André mit Anne in einem Fitness-Studio duschen und Beate mit Katharina spazieren war.