Der morgendliche Blick aus dem Fahrzeug-Fenster zeigt sonnen-bestrahlte Sand-Dünen. Der morgendliche Gang über den nächstgelegenen Dünen-Kamm zur Outdoor-Toilette zeigt Desert Camps in allen vier Himmelsrichtungen – meist mit Touristen aus Marrakesch belegt, die zum kurzweiligen Camel-Trip per LandCruiser eingekarrt werden. In der marokkanischen Sand-Wüste ist man nicht wirklich allein.
Aber man kann dort auch kuriose Gestalten antreffen. Als wir bei der Weiterfahrt einen Stopp an einer kleinen Rast-Station machen, um bei Cola und ebenso süßem Tee weitere Theorie-Teile zu Navigation per Karte & Kompass und GPS-Systemen absolvieren, knattert ein tschechischer Militärjeep heran, an Bord eine Familie, dessen männliches Oberhaupt in Camouflage-Shorts und Desert-Boots aus dem Wagen springt.
Zur Weiterfahrt müssen Frau, Sohn und Tochter – eher in City-Wear mit modischen Camo- & Boots-Elementen gekleidet – anschieben; erfolglos, was ihnen eine Schimpfkanonade des an einen Fremdenlegionär gemahnenden Fahrers einträgt. Wir helfen trotzdem und bringen das antiquierte Vehikel mit unseren Muskelkräften in Gang. Auf ein Dankeschön warten wir vergeblich.
Zwei Kumpane in einem ähnlichem Fahrzeug genießen einen wilden Ritt auf dem Track bei freiem Oberkörper. Hoffentlich gut eingeölt und gewässert – Wind und Fahrtwind lassen einen vergessen, dass da eine heiße Sonne herabbrennt. Weder Sonnencreme noch Wasser würden indes bei einem Überschlag des offenen Fahrzeugs ohne Überrollbügel helfen; Gurte haben die beiden selbstverständlich nicht angelegt.
Diesel-Tank reißt auf Wellblechpiste
Wir queren einen ausgetrockneten See – den Lac Iriqi – und nehmen Kurs auf Foum Zghuid, einem Ort am nordwestlichen Ein-/Ausgang des Erg Chegaga. Die Sandpiste wechselt zu einer üblen Schotter-Wellblechpiste, die eines der modernsten Fahrzeuge in unserem kleinen Konvoi einen Riss im zweiten Diesel-Tank einbringt.
Es gilt, den auslaufenden Diesel in die anderen Fahrzeuge umzupumpen. Ich unternehme zwei Versuche, den Kraftstoff per Schlauch und per Mund anzusaugen – leider vergeblich, es bleibt nur hartnäckiger Diesel-Geschmack. Wie gut, dass einer der anderen Fahrer eine bislang ungenutzte Pumpe zum Vorschein bringt. Wäre besser gewesen, früher von ihrer Existenz zu erfahren…
In Foum Zghuid gibt es Pommes und WiFi und eine Tankstelle, bei der man die Reifen wieder auf den für Asphaltstraßen geeigneten Druck bringt. Das Örtchen ist der Wendepunkt der Reise – ab da geht es über den Anti-Atlas wieder gen Norden, ab da gibt es kein Offroad-Fahren mehr, und meist ist Foum Zghuid der Anfang vom Ende der Reise.
Noch zwei Übernachtungen, dann werden wir in Marrakesch sein und dort zwei Tage verbringen, bevor wir den Rückweg nach Tanger zur Fähre antreten. Es wird noch einiges passieren, aber das große Abenteuer ist vorbei. In Foum Zghuid ist das Ende der Reise nah und immer ein wenig Traurigkeit spürbar.