Bilder im Krieg, Krieg der Bilder

(Bilder: Nikon F3 mit Winder und 50mm-Objektiv; legendäre Kamera von vielen Kriegsreportern in El Salvador, Nicaragua etc)

Die Kriegsfotografin Ursula Meissner ist von der Tagesschau interviewt worden, weil der Verdacht aufgeworfen worden ist, dass eine Reihe von Fotografen, die Bilder zur Hamas-Attacke geliefert haben, eher Sympathisanten als unabhängige Berichterstatter gewesen seien. Sie nennt eine Reihe von Gründen, warum an der professionellen Distanz, die man von hauptberuflichen Journalisten und Fotografen erwartet, in diesem Fall zu zweifeln ist. Zitat:

„…dass das keine professionellen Journalisten waren, sondern Verbündete, Freunde, die die Hamas mitgenommen hat. Andere würde die Hamas gar nicht akzeptieren. Für mich sind das Mittäter und keine Journalisten.“

https://www.tagesschau.de/gazastreifen-reporter-hamas-100.html

Dieses Tagesschau-Interview hat insofern eine weitere Bedeutung als dass ein kurz zuvor geführtes Gespräch der Tagesschau mit ihrem Korrespondenten vor Ort gänzlich in die andere Richtung ging.

In dem heißt es: „Israels Vorwürfe seien haltlos, die Journalisten hätten nur ihren Job gemacht“, so Jan-Christoph Kitzler. Da müssen der Tagesschau-Redaktion im Nachhinein Zweifel an den Aussagen ihres eigenen Korrespondenten gekommen sein, dass sie das Interview mit Ursula Meissner nachgezogen und so Kitzler desavouiert hat.

Siehe: https://www.tagesschau.de/gazastreifen-reporter-hamas-100.html

Natürlich muss jeder Kriegsreporter oder Auslandskorrespondent mit „Stringern“ – also „locals“ zusammenarbeiten: Sie dienen als Zulieferer, verschaffen Kontakte, kennen sich vor Ort aus. Aber letztere eben sind – meist – keine professionell ausgebildeten Journalisten. Und so greifen eben die internationalen Medien in einem Gebiet wie Gaza auf jeden zurück, der einigermaßen brauchbare Fotos liefern kann. Im Falle von Gaza bedeutet das obendrein, ohne dabei von Hamas oder einem wütenden Mob gelyncht zu werden. Sie müssen also dazugehören.

Das japanische Staats-Fernsehen NHK hat z.B. so jemanden an der Hand. Siehe hier: https://www3.nhk.or.jp/nhkworld/en/news/videos/20231109213728543/ … und macht dabei noch nicht einmal auf dessen prekäre Situation aufmerksam. Grundsätzlich dazu:

„(Foto-)Journalist“ und „Fotograf“ kann sich jede/r nennen. (Leider auch hierzulande). Die Begriffe sind nicht geschützt; wer eine Digitalkamera oder nur ein halbwegs anständiges Fotohandy bedienen kann, kann Fotos machen und wenn diese genug action oder einmalige Szenen zeigen, dann kauft sie eine Nachrichtenagentur.

Zu Zeiten des analogen Fotografierens war das anders – man musste den Zusammenhang zwischen Blende und Belichtung verstehen und in Einklang mit der Filmempfindlichkeit bringen. Und das ohne Display, das über Bildausschnitt und Belichtung informiert. Auch brauchte man ein – im Verhältnis zu heute – teures und umfangreiches Equipment: Mehrere Wechsel-Objektive, und professionelle Fotografen konnte man geradezu daran erkennen, dass sie mehrere Kameras mit mehreren Objektiven bei sich trugen.

Schoss man mit einer analogen Kamera ein Foto, so dauerte es seine Zeit, bis der belichtete Film aus dem Labor wiederkam – und man erst dann wusste, ob die Bilder etwas taugten. Also brauchte es viel Zeit und Geduld, bis man genügend Routine gewonnen hatte, um gerade in einer Stress-Situation souverän und sicher exakt belichtete und damit brauchbare Bilder zu liefern.

Man konnte also in der Zeit der Analog-Kameras davon ausgehen, dass wer sich „Fotograf“ nannte, entweder Profi oder ambitionierter Amateur war. Ich hatte tatsächlich das Glück, in jungen Jahren jemandem zu begegnen, der eine Fotografen-Lehre absolviert hatte, und mich ins Metier geduldig einwies. Das hier sind Beispiele aus jener Zeit:

Man sollte also sehr vorsichtig sein, wenn im Zusammenhang mit den Geschehnissen in Gaza von Fotografen oder Foto-Journalisten die Rede ist. Und das betrifft leider auch die Zahl von Journalisten, die in diesem Krieg bislang getötet worden sind. Ein blaues Flakjacket mit der Aufschrift „Press“ zu erwerben und überzuziehen, macht einen noch nicht zu einem professionellen Journalisten.

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